Beschwerde des BUND Sachsen-Anhalt erfolgreich

Das OVG hat mit Beschluss vom 03.01.2016 einer Beschwerde des BUND Sachsen-Anhalt (BUND) stattgegeben und einen Antrag der Stadt Sangerhausen auf Anordnung der sofortigen Vollziehung einer vom Landkreis MansfeldSüdharz erteilte artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zur Umsiedlung von Feldhamstern abgelehnt. Die Stadt Sangerhausen hatte die Ausnahmegenehmigung beantragt und wollte diese sofort umsetzen, weil ein Investor auf den von einer lokalen Population des nach europäischem Recht geschützten Feldhamsters bewohnten Flächen ein Gartenbaukompetenzzentrum realisieren wollte, für das allerdings bisher entsprechende Baugenehmigungen zur Realisierung nicht beantragt oder erteilt wurden und auch keine vollständige Erschließung vorlag. Gegen die Ausnahmegenehmigung legte der BUND, vertreten durch die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB (Würzburg/Leipzig), Widerspruch ein. Die Stadt Sangerhausen beantragte hierauf zunächst beim Landkreis Mansfeld-Südharz und sodann beim Verwaltungsgericht Halle (VG) die Anordnung der sofortigen Vollziehung und hatte hiermit beim VG zunächst auch Erfolg. Auf die gegen den Beschluss des VG gerichtete Beschwerde des BUND hat aber nun das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in Magdeburg (OVG) die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die sofortige Vollziehung der Ausnahmegenehmigung in letzter Instanz abgelehnt.

Rechtsanwältin Franziska Heß (Fachanwältin für Verwaltungsrecht) freut sich über die Entscheidung des Gerichts:

„Das OVG hat ebenso wie der BUND keine Notwendigkeit gesehen, die Feldhamster noch kurzfristig während des Winterschlafs zu beseitigen, zumal bisher für ein Gartenbaukompetenzzentrum nicht eine vollständige Baugenehmigung beantragt wurde, geschweige denn erteilt wurde. Auch hat das Gericht unsere Zweifel an der Eignung und hinreichenden Sicherung der Flächen, auf welche die Tiere umgesiedelt werden sollten, als dauerhafter Lebensraum für den Feldhamster geteilt und – ebenso wie die obere und die oberste Naturschutzbehörde – einen hinreichenden Nachweis, dass sich der Erhaltungszustand der Art nicht verschlechtern wird, vermisst. Ganz besonders freue ich mich darüber, dass das Gericht das von uns für den BUND eingeforderte Klagerecht gegen derartige artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen anerkannt hat und damit einen wichtigen Beitrag für die Fortentwicklung der Klagebefugnis anerkannter Umweltschutzvereinigungen geleistet hat. Erstmals wurde durch ein deutsches Gericht damit ein Klagerecht von Verbänden auch bei artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen außerhalb besonders geschützter Fauna-FloraHabitatgebiete anerkannt.“

Rechtsanwalt Rick Schulze (Fachanwalt für Verwaltungsrecht) ergänzt:

„Das OVG Magdeburg hat mit seinem Beschluss vom 03.01.2016 nicht nur aus Sicht des Artenschutzes, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht nach meiner Einschätzung eine vernünftige Entscheidung getroffen. Denn der schnellen Realisierung des Gartenbauprojekts stehen keinesfalls nur die Feldhamster, sondern eine Vielzahl weiterer Hindernisse entgegen, wie z.B. entgegenstehende Festlegungen des Landesentwicklungsplans, fehlende Baugenehmigungen und mangelnde Erschließung. Bereits bei Aufstellung des Bebauungsplans für den Industriepark Mitteldeutschland hatte die Stadt Sangerhausen konkrete Hinweise des Landesverwaltungsamtes und des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie, dass die überplanten Flächen, die nun im Rahmen eines 1. Bauabschnittes mit dem Gartenbauzentrum bebaut werden sollen, für diese Zwecke nicht geeignet sind. Dass die Stadt trotzdem mit erheblichem Aufwand die Planung gegen die Widerstände der Landesbehörden unbeirrt weiter betrieben hat, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das OVG Magdeburg hat nun klargestellt, dass die Bedenken der Landesbehörden ernst zu nehmen und auch in der Sache zutreffend sind.“

Würzburg, 05.01.2017
gez. RAin Franziska Heß /Fachanwältin für Verwaltungsrecht