Zur mündlichen Verhandlung vor dem 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts im Verwaltungsrechtsstreit der Stadt Fürth gegen die BRD wegen der ICE-Trasse Nürnberg-Erfurt (Planfeststellung)

Das Verkehrsprojekt Deutscher Einheit Nr. 8.1 aus dem Bundesverkehrswege- plan 2003, welches mit den Planfeststellungsabschnitten PFA 13 (Güterzugtun- nel), PFA 14 (Nürnberg – Fürth) , PFA 15 (Fürther Bogen) und PFA 16 (Fürth- Nord) wesentlich im Stadtgebiet der Stadt Fürth verläuft, hat für die Stadt Fürth eine erhebliche Bedeutung. Dies betrifft vor allem die Bereiche Stadt- und Land- schaftsbild, Verkehr, Flächenverbrauch, Lärm und Wasser. Die Stadt hat sich von Anfang für eine S-Bahn eingesetzt. Um eine möglichst gute Lösung für alle Betei- ligten zu erzielen, hat sie sich in die Planungen eingebracht und ihre Belange geltend gemacht, indem sie konkrete Vorschläge geäußert und Anregungen so- wie Wünsche formuliert hat.

Ursprünglich sollte das zusätzliche S-Bahngleis im Abschnitt Fürth-Nord wie schon in den anderen Abschnitten parallel zu den vorhandenen Gleisen der Be- standstrasse gebaut werden. Eine separate neue Güterzugstrecke sollte den Großteil des prognostizierten Bedarfs des Güterverkehrs aufnehmen. Die Stadt Fürth hat sich dafür eingesetzt, dass die neue Güterzugtrasse vom Rangierbahn- hof Nürnberg in einem Tunnel bis zur Autobahn geführt wird, um neue Lärm- betroffenheiten weitgehend zu vermeiden. Im Zuge der Gründung eines Pla- nungsverbands für ein interkommunales Gewerbegebiet der Städte, Nürnberg und Fürth gab es Vorschläge, die S-Bahn in den Gewerbepark zu verschwenken, um die dort geplanten Arbeitsplätze an eine S-Bahnstation anzuschließen. Die
Stadt Fürth hat dies von Anfang abgelehnt. Aufgrund des erheblichen Zuwachses von zentrumsnäheren Potentialflächen durch den Abzug der amerikanischen Streitkräfte und das Freiwerden der militärischen Grundstücke verringerte sich
der Bedarf an zentrumsfernen Gewerbeflächen so stark, dass das interkommu- nale Gewerbegebiet aufgegeben wurde. Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist auch der S-Bahn-Verschwenk völlig entbehrlich geworden. In Fürth-Steinach befinden sich ein Möbelhaus, ein Teppichhaus und ein Möbelmitnahmemarkt mit direktem Autobahnanschluss. Im direkt angrenzenden Gewerbegebiet Schmalau der Stadt Nürnberg sind flächenintenisve Gewerbebetriebe wie Betonwerke, Lo- gistiker oder Lkw-Händler mit nur wenigen Arbeitsplätzen angesiedelt.

Das Raumordnungsverfahren sieht eine Bündelung der S-Bahntrassemit der Bestandstrasse vor. Dies wurde nie geändert. Für den Regionalplan der Region Nürnberg, der in seiner aktuellen rechtswirksamen Fassung die Bündelungslösung vorsieht, wurde zwar ein Änderungsverfahren eingeleitet, in dem die Stadt Fürth ihren Standpunkt eingebracht hat, die Änderung wurde vom Planungsverband jedoch nicht beschlossen, sondern im Entwurfsstadium belassen, sodass die Stadt Fürth mangels Änderung bisher nicht mit rechtlichen Mitteln gegen die Änderung des Regionalplans vorgehen konnte. Die Stellungnahmen der

Stadt Fürth im Planfeststellungsverfahren, die sich eindeutig gegen den Verschwenk nach Fürth-Steinach aussprachen, wurden seitens der Bahn ignoriert. Die Stadt Fürth kann jetzt nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses erstmals mit rechtlichen Mitteln gegen den oktroyierten Verschwenk nach FürthSteinach vorgehen und die Planung der Bahn in Gestalt des Planfestellungsbeschlusses des Eisenbahnbundesamtes gerichtlich überprüfen lassen.

Zu Planungsbeginn waren im gültigen Flächennutzungsplan die Erweiterungsflächen für die S-Bahn im Einklang mit den damaligen Planungen der Bahn parallel zu den vorhanden Gleisen vorgesehen.

Durch den Verschwenk entsteht in einem bereits durch vorhandene Zerschneidungen vorbelasteten Gebiet ohne Not eine neue Zerschneidung. Dies betrifft insbesondere den Bereich des .Knoblauchslands“ südlich von Fürth-Steinach, ein im Regionalplan der Region Nürnberg ausgewiesenes Vorranggebiet für Gartenbau und Sonderkulturen, welches die Versorgung der Bevölkerung von Nürn-
berg, Erlangen und Fürth mit frischem regionalem Gemüse sichern soll. Durch die Zerschneidung des .Knoblauchlands“ werden den Landwirten gartenbauliche Flächen, die durch besondere Bewässerungssysteme erschlossen sind, ohne Zuweisung von Ersatzland genommen und zwar in einem Umfang, der erheblich größer ist, als der Flächenverbrauch des planfestgestellten Vorhabens selbst. Durch die Verschwenktrasse werden vorhandene Verkehrsbeziehungen der Stadt Fürth zwischen Fürth-Stadeln. Einerseits sowie Kronach und Steinach andererseits unterbrochen. Außerdem beeinträchtigt die Verschwenktrasse Natur und Landschaft in einem unverhältnismäßig höheren Maße als die Bündelungstrasse.

Der Planfeststellungsbeschluss löst unabhängig von der Zerschneidung und dem mit dem Verschwenk einhergehenden Eingriff in die städtische Planungshoheit auch das im Planfeststellungsverfahren zu lösende Problem des Lärms nicht. Durch den Entfall des Güterzugtunnels aus dem vordringlichen Bedarf im Bundesverkehrswegplan 2030 und die Verschiebung in den potentiellen Bedarf wird sich nicht die geplante Verringerung des Schienenlärms an der Bestandsstrecke ergeben, da die Güterverkehre jedenfalls in den nächsten 20 Jahren nicht auf die neue Güterzugstrecke, die im Planfeststellungsabschnitt 13 gebaut werden sollte, geleitet werden können. Der prognostizierte Anstieg des Güterverkehrs wird soweit möglich auf der von dem S-Bahnverkehr entlasteten Bestandsstrecke geführt werden und dort für mehrere tausend Anwohner zu einer weiteren Erhöhung des heute schon teilweise gesundheitsgefährdenden Lärms führen anstatt zu der mit dem Projekt verfolgten Verringerung.

Würzburg, 24. Oktober 2017 gez. RA R. Schulze
Fachanwalt für Verwaltungsrecht