Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Beschluss vom 20. März 2023 (Az. 10 B 1.23) die Beschwerde des Landes Hessen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Mai 2022 (Az. 5 A 589/21) zurück. Damit folgte das Gericht der Argumentation der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte PartG mbB, welche die Stadt Frankenberg bereits vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof erfolgreich vertreten hatte.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel hatte mit seiner Entscheidung im Mai 2022 einen Bescheid des Regierungspräsidiums Kassel aus dem Jahr 2015 aufgehoben. Dieser verpflichtete die Stadt Frankenberg, das auf ihrem Grundstück der ehemaligen Munitionsanstalt befindliche Granatenvernichtungsbecken und andere Flächen von einer in der Kampfmittelräumung erfahrenen Firma vollständig räumen zu lassen und anschließend wieder zu verfüllen (wir berichteten: https://www.baumann-rechtsanwaelte.de/2022/05/27/die-stadt-frankenberg-obsiegt-nach-jahrelangem-rechtstreit-gegen-das-land-hessen-vor-dem-hessischen-verwaltungsgerichtshof-in-kassel/).
Das Bundesverwaltungsgericht ließ die Abgrenzung zwischen Kampfmittelrecht und Abfallrecht beim Vorhandensein von bloßen Kampfmittelspuren zwar offen. Es bestätigte allerdings explizit die Auffassung des VGH Kassel, dass der zuständigen Behörde ein Auswahlermessen bezüglich der Inanspruchnahme von Handlungs- und Zustandsstörer zukomme. Somit komme neben dem Eigentümer der kontaminierten Flächen (hier die Stadt Frankenberg) in gleicher Weise auch der Handlungsstörer (hier die BRD als Rechtsnachfolgerin der Wehrmacht) als Adressat einer Anordnung zur Entsorgung in Betracht. Dies müsse die Behörde in ihrer Ermessensentscheidung beachten, was sie vorliegend unterlassen hatte.
Rechtsanwalt Dr. Eric Weiser-Saulin, der die Stadt Frankenberg sowohl vor dem VGH Kassel als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht vertrat, kommentiert:
„Das Bundesverwaltungsgericht hat bestätigt, dass das Land Hessen und speziell das Regierungspräsidium Kassel bei der Entsorgung von Kriegsaltlasten die Städte und Gemeinden regelmäßig zu Unrecht zur Kostentragung verpflichtet. Der Staat darf sich seiner finanziellen Verantwortung der Kriegsfolgelasten aber nicht entziehen (vgl. Art. 120 GG) und diese einseitig den Kommunen auferlegen. Die Stadt Frankenberg hat hier eine rechtswidrige Behördenpraxis offengelegt, die auch zahlreiche weitere Kommunen betrifft. Damit stärkt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Stellung der Kommunen bei der Bewältigung von Kriegsfolgelasten erheblich.“
Würzburg, 11.04.2023
gez. Dr. Eric Weiser-Saulin / Rechtsanwalt