Eine anerkannte Umweltvereinigung, hatte gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Therme und Freizeitbad, Eissporthalle“ einer Gemeinde ein Normenkontrollverfahren angestrengt und gegen die erteilte Baugenehmigung geklagt. Nachdem die Klage und das Eilverfahren gegen die Baugenehmigung abgewiesen worden waren, hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag als nachträglich unzulässig abgelehnt. Zwischenzeitlich befand sich das Bauvorhaben in der Endphase seiner Fertigstellung.

Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr festgestellt, dass das Rechtsschutzbedürfnis eines Normenkontrollantrag eines Umweltverbands nicht dadurch entfällt, dass das Vorhaben fertiggestellt und in Betrieb genommen wurde. Insoweit hat es den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Dezember 2020 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses ist zwar Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Normenkontrollantrag, was auch uneingeschränkt für einen Umweltverband gilt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 UmwRG). Das Bundesverwaltungsgericht urteilte aber, dass der Umweltverband jedoch auch nach Fertigstellung eines Bauvorhabens weiterhin ein Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung hat und folglich das Rechtsschutzbedürfnis weiterhin besteht.

Zur Begründung führt das Bundesverwaltungsgericht an, dass bei einem erfolgreichen Normenkontrollantrag die Möglichkeit einer erneuten Bauleitplanung bestehe. In diesem Fall hat ein Umweltverband weitreichende Einwirkungsmöglichkeiten aufgrund seiner gesetzlichen Stellung. Daran anknüpfend ist es nicht gerechtfertigt, für das Rechtsschutzbedürfnis eines Umweltverbandes maßgeblich darauf abzustellen, ob sich durch den Erfolg im Normenkontrollverfahren „seine Rechtsstellung verbessert“. Denn der Umweltverband wird nicht im eigenen Interesse, sondern altruistisch zur Förderung der Ziele des Umweltschutzes tätig. Es geht mithin nicht um seine „Rechtsstellung“, die er durch einen Normenkontrollantrag verbessern möchte, sondern darum, ob der Umweltverband noch Verbesserungen zum Schutz der Umwelt erreichen kann.

Diese Möglichkeit, weiterhin maßgebliche Verbesserungen für den Umweltschutz zu erzielen, sieht das Bundesverwaltungsgericht auch bei vollständiger Umsetzung des Bebauungsplans als gegeben. Denn im Falle eines erfolgreichen Normenkontrollverfahrens besteht die Möglichkeit einer erneuten Bauleitplanung, in welche die gewonnenen Erkenntnisse aus dem Normenkontrollverfahren herangezogen werden können. Eine Neuplanung kann zu einer Verbesserung des Umweltschutzes beitragen, weil nicht ausgeschlossen ist, dass sich der Plangeber bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans für eine für die Umwelt günstigere Planung entscheidet (vgl. auch BVerwG, Urteile vom 23. April 2002 – 4 CN 3.01 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 156 S. 88 und vom 13. Dezember 2018 – 4 CN 3.18 – BVerwGE 164, 74 Rn. 15). Aus diesem Grund besteht das Rechtsschutzinteresse eines Umweltverbandes selbst nach Fertigstellung des Bauvorhabens weiter fort.

 

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 gez. RA Rick Schulze
Fachanwalt für Verwaltungsrecht