Das Verwaltungsgericht Ansbach hat mit Urteil vom 25. September 2024 (AN 11 K 22.01776) eine interessante Entscheidung im Hinblick auf den Anwendungsbereich des § 6 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) getroffen. Demnach hat eine Person oder eine Vereinigung i. S. d. § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung ihrer Klage gegen eine Entscheidung i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben.

Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Klage eines PV-Anlagenbetreibers, dessen PV-Anlage sich bereits seit fast 15 Jahren neben einer seit den 1980iger Jahren bestehenden Deponie befindet. Mit Bescheid des Landratsamtes Ansbach vom 22. Juli 2022 wurde auf Antrag eines von der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB (Würzburg/Leipzig) vertretenen Transport- und Erdbauunternehmens eine Plangenehmigung nach § 35 Abs. 3 KrWG zur Erweiterung einer Inertabfalldeponie erteilt. Die Erweiterung in Form einer Erhöhung der Deponie dient dazu, den bestehenden Deponieraum auszunutzen, ohne weitere Flächen hierfür in Anspruch nehmen zu müssen. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurde eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist.

Der Klagevortrag des PV-Anlagenbetreibers bezog sich ausschließlich auf die Behauptung, dass durch die Erhöhung der Deponie die bestehende PV-Anlage verschattet bzw. verstaubt wird und somit Ertragseinbußen eintreten. Unabhängig davon, dass die behaupteten Ertragseinbußen im Verfahren von Seiten des Klägers nicht beziffert wurden, eine Eigenverschattung der Module von Seiten des Anlagenbetreibers eingeräumt wurde und letztendlich nicht abschließend geklärt werden konnte, inwieweit es durch eine – überhaupt nur für die ertragsschwachen Wintermonate vorgetragene – Verschattung zu rechtlich relevanten Ertragseinbußen kommt, konnte das Verwaltungsgericht diese Frage offen lassen, da der Kläger innerhalb der maßgeblichen Frist von zehn Wochen nach Klageerhebung keinerlei Tatsachen und Beweise zur Begründung seiner Klage vorgebracht hat.

Das Gericht hatte sich mit einer Reihe von Fragen zur innerprozessualen Präklusion nach § 6 UmwRG auseinanderzusetzen, welche nachfolgend zusammengefasst werden:

  • Der persönliche Anwendungsbereich des § 6 UmwRG ist auch bei einer Kommanditgesellschaft (KG) eröffnet. Auch wenn die KG keine volle Rechtsfähigkeit besitzt, da sie als Gesamthandsgemeinschaft organisiert ist, kann sie nach den §§ 124, 161 Abs. 2 HGB Trägerin von Rechten und Pflichten sein, was ihr die Möglichkeit gibt, vor Gericht zu klagen und verklagt zu werden. Insoweit erfolgt eine Gleichstellung mit juristischen Personen, § 61 Nr. 1 und 2 VwGO.

 

  • Der ausdrücklichen Nennung von Planfeststellungsbeschlüssen für Deponien nach § 35 Abs. 2 KrWG in § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwRG steht nicht entgegen, dass es sich bei einer Plangenehmigung nach § 35 Abs. 3 KrWG um eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a) UmwRG handelt, sofern zumindest eine UVP-Vorprüfung durchgeführt werden muss. Zwischen § 1 Abs. 1 Nr. und Nr. 2 UmwRG besteht kein Rangverhältnis, vielmehr stehen beide Nummern nebeneinander und können demnach auch nebeneinander einschlägig sein.

 

  • Eine Belehrung über die Klagebegründungsfrist nach § 6 UmwRG gehört nicht zum notwendigen Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung nach § 58 Abs. 1 VwGO. Über die Möglichkeit der Zurückweisung verspäteten Vortrags ist auch nicht nach § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 VwGO zu belehren. Dies hat der Gesetzgeber in § 6 Satz 2 UmwRG durch die Beschränkung des Verweises auf § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO ausdrücklich bestimmt.

 

  • Eine Fristsetzung zur Vorlage der Klagebegründung durch das Gericht kann kein genügender Entschuldigungsgrund i. S. d. § 6 Satz 3 UmwRG i. V. m. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO sein, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Fristsetzung die 10-Wochenfrist schon abgelaufen war.

 

  • Der Kläger ist verpflichtet, innerhalb der Klagebegründungsfrist zumindest das vorzutragen, was ihm auch ohne Einsicht in die Verwaltungsvorgänge auf der Grundlage seiner Beteiligung am Verwaltungsverfahren und der Behandlung seiner Einwendungen im Planverfahren bekannt ist. Er muss auf diese Weise den Prozessstoff in den Grundzügen fixieren.

 

  • Eine Ausnahme von der Präklusion nach § 6 Satz 2 UmwRG i. V. m. § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO ist auf Fälle zu beschränken, in denen die vom Kläger nicht ausdrücklich vorgetragenen tatsächlichen Gesichtspunkte dem Gericht ohne weiteres bekannt sind oder sich offensichtlich aus der Akte oder anderen leicht zugänglichen Quellen ergeben. Kündigt der Kläger mit Klageerhebung die Vorlage einer Klagebegründung an, kann in der Regel daraus geschlossen werden, dass der Kläger selbst von deren Notwendigkeit ausgegangen sein dürfte.

 

Fazit:

Die gerichtlichen Entscheidungen zum Anwendungsbereich des UmwRG sowie insbesondere zur innerprozessualen Präklusion nach § 6 UmwRG zeigen zum einen, dass der Anwendungsbereich weit auszulegen ist, und zum anderen, dass die Gerichte bei Versäumen der Klagebegründungsfrist konsequent von einer innerprozessualen Präklusion und damit einer Unbegründetheit einer etwaigen Klage ausgehen.

Unabhängig davon, dass die Pflicht zur Vorlage der maßgeblichen Tatsachen und Beweismittel innerhalb einer Frist von zehn Wochen nach Klageerhebung nur den Kläger trifft und somit im Hinblick auf eine prozessuale Waffengleichheit Bedenken bestehen, ist jedenfalls bei jeder Zulassungsentscheidung, welche im Übrigen nicht zwingend auch mit der Gestattung von Ausführungsarbeiten verbunden sein muss, zu prüfen, ob der Anwendungsbereich des UmwRG eröffnet ist.

Ein Kläger ist im Falle der Eröffnung des Anwendungsbereichs des UmwRG gut beraten, alle ihm bekannten Tatsachen und Beweismittel, welche sein Klagevorbringen stützen, innerhalb der Zehn-Wochen-Frist vorzutragen, unabhängig davon, ob die maßgeblichen Verfahrensakten bereitgestellt worden sind oder nicht. Für den nicht seltenen Fall, dass die Behördenakten innerhalb der Begründungsfrist nicht bzw. nicht für den gesamten Zeitraum zur Verfügung gestanden haben, empfiehlt es sich, dies gegenüber dem Gericht bereits frühzeitig und zwingend innerhalb der Klagebegründungsfrist mitzuteilen.

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Würzburg, den 15.10.2024

RA Thomas Jäger/Fachanwalt für Verwaltungsrecht