Mit Bescheid vom 27.10.2021 hat das Landratsamt Berchtesgadener Land den von ihm selbst erlassenen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid für das Schachtkraftwerk an der Saalach in Bad Reichenhall am sogenannten Luitpoldwehr aufgehoben. Die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB (Würzburg/Leipzig/Hannover) hatte für den Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) und den Landesfischereiverband Bayern e.V. (LFV) Klage gegen den Bewilligungsbescheid vor dem Verwaltungsgericht München erhoben. Die Kläger wurden vom Landesbund für Vogelschutz finanziell unterstützt.

Beantragt wurde die Genehmigung für ein Wasserkraftwerk am Luitpoldwehr bereits im Jahr 2006. Aufgrund der problematischen Lage des geplanten Kraftwerks und aus denkmalschutzrechtlichen Gründen erfolgte im Laufe der Jahre mehrfach eine Umplanung. Obwohl das Wasserwirtschaftsamt mehrfach erhebliche Bedenken daran geäußert hat, dass am Standort wegen massiver Geschiebefrachten ein wirtschaftlicher Betrieb eines Wasserkraftwerkes fraglich erscheine, wurde die Bewilligung schließlich mit Bescheid vom 01.10.2020 erteilt. Hiergegen haben der BN und der LFV mit Schriftsatz vom 06.11.2020 Klage erhoben. Zur Begründung der Klage wurden neben zahlreichen formellen Fehlern im Verfahren auch materielle Rechtswidrigkeitsgründe im Hinblick auf wasserrechtliche, naturschutzrechtliche und denkmalschutzrechtliche Vorschriften vorgebracht. Insbesondere wurde bemängelt, dass sowohl bezüglich des Schachtkraftwerks, als auch bezüglich der geplanten Spezial-Fischaufstiegsanlage keine gesicherten Erkenntnisse aus der Praxis vorliegen. Zudem befindet sich der Standort des geplanten Kraftwerks an der Ausleitungsstrecke der Talsperre Kibling mit der dort bereits vorhandene Wasserkraftanlage der DB Energie GmbH. Dementsprechend führt die Saalach an dieser Stelle ohnehin nur begrenzte Wassermengen, die durch die Ausleitung zur Verfügung stehen. Die vom bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) beauftragten Untersuchungen der TU München bezüglich des bereits betriebenen Schachtkraftwerkes an der Loisach bei Großweil sind noch nicht abgeschlossen. Presseberichten war aber zu entnehmen, dass es laut vorläufigen Ergebnissen auch bei den Schachtkraftwerken zu signifikanten Schädigungen und Mortalitäten für die Fische komme.

Nach Klageerhebung haben Landratsamt und Vorhabenträger zunächst den Versuch unternommen, ein ergänzendes Verfahren zur Heilung offensichtlicher Mängel, wie der fehlerhaften Umweltverträglichkeitsvorprüfung, fehlender Untersuchungen zum Artenschutz und wegen fehlender naturschutzrechtlicher Eingriffsprüfung, durchzuführen. Das Verwaltungsgericht München hat jedoch mit einem richterlichem Hinweisschreiben massive Kritik an dem Vorgehen des Landratsamtes geübt und Bedenken daran geäußert, ob im Ausgangsverfahren und im nun anhängigen Ergänzungsverfahren die Vorschriften zur Beteiligung der Öffentlichkeit hinreichend Beachtung gefunden haben. Zudem stellte das Gericht in Frage, ob das ergänzende Verfahren den Anforderungen an ein „faires“ Verfahren entspricht.

Dieser richterliche Hinweis gab schließlich den Ausschlag, den rechtswidrigen Bewilligungsbescheid wegen der erheblichen Bedenken des seit über 15 Jahren laufenden Verfahrens aufzuheben.

Der BN und der LFV empfehlen angesichts der ungünstigen Rahmenbedingungen dieses oder ähnliche Projekte am Standort nicht weiterzuverfolgen.

„Es bleibt zu hoffen, dass – sollte der Vorhabenträger das Vorhaben aber tatsächlich weiterverfolgen – die Rechtmäßigkeit des Projekts ergebnisoffen und ohne politischen Druck in einem fairen Verfahren geprüft wird“, so RAin Anja Schilling, Fachanwältin für Verwaltungsrecht von der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte.

Würzburg, den 05. November 2021

gez.: RAin Anja Schilling
Fachanwältin für Verwaltungsrecht

 

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