I. Einleitende Bemerkungen
Die kommunale Wärmeplanung ist ein zentrales Instrument für die klimaneutrale Transformation der Energieversorgung. Mit dem Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (WPG) stehen Kommunen vor neuen Herausforderungen, aber auch vor erweiterten rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Dabei stellt sich die zentrale Frage, welche planerischen und rechtlichen Instrumente genutzt werden können, um die ambitionierten Klimaziele effektiv umzusetzen.
Die Wärmeplanung wiederum stellt eine rechtlich unverbindliche, strategische Fachplanung dar, welche die Möglichkeiten für den Ausbau und die Weiterentwicklung leitungsgebundener Energieinfrastrukturen für die Wärmeversorgung, die Nutzung von Wärme aus erneuerbaren Energien, aus unvermeidbarer Abwärme oder einer Kombination hieraus sowie zur Einsparung von Wärme aufzeigt und die mittel- und langfristige Gestaltung der Wärmeversorgung für das beplante Gebiet beschreibt, § 3 Abs. 1 Nr. 20 WPG.
Bereits bei der Erstellung der Wärmeplanung, insbesondere bei der Entwicklung der Umsetzungsstrategie (§ 20 WPG), ist es entscheidend, konkrete Maßnahmen zur Umsetzung zu identifizieren und frühzeitig zu planen. Bis zum 30. Juni 2026 müssen für alle Gemeindegebiete mit mehr als 100.000 Einwohnern Wärmepläne vorliegen, für alle anderen Kommunen bis zum 30. Juni 2028, § 4 Abs. 2 WPG. In allen Fällen stellt sich anschließend die Frage, wie die geplante Wärmeversorgung effektiv umgesetzt werden kann.
Der Bundesgesetzgeber (BT-Drs. 20/8654 S. 102) hebt in der Begründung zum WPG hervor:
„Die Umsetzung der Wärmeplanung erfolgt häufig vor Ort. Um die Ergebnisse der Wärmeplanung umzusetzen, können sich die zuständigen Stellen der bestehenden Instrumente bedienen. Dabei identifiziert die planungsverantwortliche Stelle in der Umsetzungsstrategie vorrangig Maßnahmen, zu deren Umsetzung sie tatsächlich in der Lage ist“
Im Regelfall sind die Kommunen die planungsverantwortlichen Stellen. Ohne zusätzliche Befugnisse ist ihr Handlungsspielraum jedoch auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie beschränkt.
Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, welche Möglichkeiten der kommunale Instrumentenkasten für die Umsetzung einer Wärmeplanung in Bezug auf die bauleitplanerische Abwägung sowie etwaiger Darstellungen im Flächennutzungsplan bereithält.
II. Bauleitplanerische Abwägung
1. Berücksichtigung der Ausweisung als Gebiet zum Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen in Planungs- und Entscheidungsverfahren gemäß § 27 Abs. 3 WPG
Die Ausweisung als Gebiet zum Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen nach § 26 Abs. 1 Satz 1 WPG ist zunächst gemäß § 27 Abs. 3 WPG in Abwägungs- und Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Dies gilt sowohl bei der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bauleitplans (§ 27 Abs. 3 Nr. 1 WPG) als auch für andere flächenbedeutsame Planungen oder Maßnahmen, die von einer öffentlichen Stelle oder einer Person des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchgeführt werden (§ 27 Abs. 3 Nr. 2 WPG).
2. Berücksichtigung der Wärmeplanung i.R.d. bauleitplanerischen Abwägung
Die Bedeutung der Wärmeplanung in der Bauleitplanung wurde durch Änderungen im Baugesetzbuch (BauGB), gültig seit dem 1. Januar 2024, weiter gestärkt. Nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 g) BauGB sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen insbesondere „die Entscheidungen über die Ausweisung als Gebiet zum Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen oder als Wasserstoffnetzausbaugebiet gemäß § 26 des Wärmeplanungsgesetzes vom 20. Dezember 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 394)“ zu berücksichtigen.
Entscheidend ist, dass die Abwägungsrelevanz nicht allein auf die formelle Ausweisung eines Gebiets nach § 26 Abs. 1 Satz 1 WPG beschränkt ist. Bereits die „Darstellungen in Wärmeplänen“ müssen gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 7 g) BauGB in den Planungsprozess einbezogen werden. Zudem verpflichtet § 1 Abs. 6 Nr. 7 f) BauGB die Gemeinden, die Nutzung erneuerbarer Energien – insbesondere im Zusammenhang mit der Wärmeversorgung von Gebäuden – in ihre Planungen einzubeziehen.
Mit der Änderung des § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB, wonach Bauleitpläne künftig unter anderem dazu beitragen sollen, den Klimaschutz und die Klimaanpassung zu fördern und die Wärme- und Energieversorgung von Gebäuden treibhausgasneutral zu gestalten, wurde die Wärme- und Energieversorgung zu einer zentralen Planungsleitlinie erhoben. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Grundsätze und Ziele des § 1 Abs. 5 Satz 2 BauGB keinen absoluten Vorrang gegenüber anderen abwägungsrelevanten Belangen genießen, diese müssen stets gleichwertig und in einer umfassenden Abwägung berücksichtigt werden (BVerwG, NVwZ-RR 2003, 171).
Zusätzlich zu den angesprochenen Neuregelungen ist auch § 1 Abs. 6 Nr. 8e BauGB relevant, der die Belange der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit regelt. Dies umfasst auch die Versorgung mit Wärme, die in diesem Zusammenhang ebenfalls berücksichtigt werden muss (Battis/Krautzberger/Löhr/Battis, 15. Aufl. 2022, BauGB § 1 Rn. 73).
Des Weiteren verpflichtet § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB dazu, Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung in die Bauleitplanung einzubeziehen. Diese Planungsleitlinie bezieht sich auf informelle städtebauliche Planungen, zu denen auch kommunale Energiekonzepte wie etwa die kommunale Wärmeplanung zählen.
Zudem ist die zunehmende Bedeutung des Klimawandels zu berücksichtigen. Die kommunale Wärmeplanung soll maßgeblich zur Klimaneutralität im Wärmesektor beitragen. Das Baugesetzbuch stellt in mehreren Regelungen klar, dass das Klima bei der Abwägung zur Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen ist (§ 1 Abs. 7 i.V.m. § 1 Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 Nr. 7a, § 1a Abs. 5 BauGB). Ein Optimierungsgebot lasse sich nach der Rechtsprechung jedoch nicht ableiten, so dass Klimaschutzgesichtspunkte Belange unter vielen sind, ohne dass ihnen stets ein Vorrang zukommt (OVG Lüneburg, Urteil vom 2. Oktober 2024 – 1 KN 34/23 –, Rn. 62, juris). Angesichts des sogenannten Klimabeschlusses des BVerfG vom 24. März 2021 könnte sich jedoch das Berücksichtigungsgebot in ein Optimierungsgebot wandeln, sobald das CO2-Restbudget weitgehend aufgebraucht ist; insoweit wären Kommunen gemäß Art. 20a GG bei fortschreitendem Verbrauch des CO2-Restbudgets verpflichtet, dem Klimaschutz zunehmende Bedeutung beizumessen (Vgl. Schlacke, NVwZ 2022, 905 (911); Verheyen/Heß/Peters/Schöneberger, NVwZ 2023, 113 (119).
Die kommunale Wärmeplanung ist daher durch die Gemeinden zwingend zu berücksichtigen. Eine Nichtbeachtung oder ein gänzliches Abweichen der Bauleitplanung von der kommunalen Wärmeplanung stellt in der Regel einen Abwägungsfehler dar, sei es in Form eines Verstoßes gegen § 2 Abs. 3 BauGB (Abwägungsdefizit oder Fehleinschätzung) oder eines materiellen Verstoßes gegen § 1 Abs. 7 BauGB (Abwägungsdisproportionalität).
III. Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung durch Darstellungen im Flächennutzungsplan
Der Flächennutzungsplan ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein vorbereitender Bauleitplan, der die Art der Bodennutzung für das gesamte Gemeindegebiet in den Grundzügen darstellt. Die Darstellung erfolgt auf Basis der städtebaulichen Entwicklungsziele und orientiert sich an den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde.
Gemäß § 204 Abs. 1 S. 1 und 2 BauGB sollen benachbarte Gemeinden einen gemeinsamen Flächennutzungsplan aufstellen, wenn eine gemeinsame Planung erforderlich ist. Dies gilt dabei insbesondere für die Umsetzung eines oder mehrerer Wärmepläne.
Mögliche Inhalte, die im Flächennutzungsplan durch die Gemeinde dargestellt werden können, sind in § 5 BauGB geregelt. Diese Darstellungsmöglichkeiten sind nicht abschließend, jedoch kann die Gemeinde nur solche sonstigen Darstellungen treffen, welche den Aufgaben des Flächennutzungsplans entsprechen und von städtebaulichen Gründen getragen sind. Insoweit sind die Darstellungsmöglichkeiten durch § 9 Abs. 1 BauGB wiederum begrenzt. Aussagen, welche keine zulässigen Festsetzungen in einem Bebauungsplan darstellen können, sind auch im Flächennutzungsplan unzulässig (BVerwG, Urteil vom 18. 8. 2005 – 4 C 13/04, BVerwG, NVwZ 2006, 87 (89).
Der Katalog des § 5 Abs. 2 BauGB bietet insbesondere folgende Darstellungsmöglichkeiten:
1. Darstellungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) BauGB: Flächen für Klimaschutz und erneuerbare Energien
Nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) BauGB können im Flächennutzungsplan „die Ausstattung des Gemeindegebiets mit Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, insbesondere zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung“ dargestellt werden.
Die Vorschrift erfasst alle in Betracht kommenden Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen des Energiefachrechts, die der Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes dienen, es gibt keine Einschränkung auf bestimmte erneuerbare Energien – sämtliche Energiequellen, wie Solarenergie, Windkraft oder Geothermie, sind erfasst (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Söfker, 155. EL August 2024, BauGB § 5 Rn. 29 f.). Ebenso ist eine Beschränkung auf zentrale Einrichtungen nicht vorgesehen, sodass sowohl lokale als auch überregionale Vorhaben berücksichtigt werden können, entscheidend ist lediglich der räumliche Standort innerhalb des Gemeindegebiets.
Für die Darstellung sind die Planzeichen gemäß der Anlage Nr. 7 zur Planzeichenverordnung zu verwenden. Der jeweilige Zweck der Anlage, Einrichtung oder Maßnahme muss bei der Darstellung ausdrücklich angegeben werden.
2. Darstellung von Versorgungsanlagen im Flächennutzungsplan gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 4 BauGB
Nach § 5 Abs. 2 Nr. 4 BauGB können Flächen für Versorgungsanlagen, Abfallentsorgung, Abwasserbeseitigung, Ablagerungen sowie Hauptversorgungs- und Hauptabwasserleitungen dargestellt werden.
Der Begriff „Versorgung“ bezieht sich hierbei auf die öffentliche Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser, wobei unerheblich ist, ob diese Versorgung privat- oder öffentlich-rechtlich organisiert ist (BeckOK BauGB/Jaeger, 64. Ed. 1.11.2024, BauGB § 5 Rn. 49). Eine öffentliche Versorgung liegt vor, wenn die Versorgungsanlage nicht nur der Eigenversorgung dient, sondern einen abgegrenzten größeren Personenkreis umfasst, beispielsweise die Wärmeversorgung mehrerer Bewohner durch ein Blockheizkraftwerk (Battis/Krautzberger/Löhr/Mitschang, 15. Aufl. 2022, BauGB § 5 Rn. 19).
Zu Versorgungsanlagen zählen Gaswerke, Gasbehälter, Druckerhöhungsanlagen sowie Gashoch- und Gasmitteldruckleitungen, im Bereich der Wärmeversorgung sind es insbesondere Heizkraftwerke, Fernheizwerke und Hauptleitungen.
Die Darstellung erfolgt gemäß der Anlagen Nr. 7 und 8 der Planzeichenverordnung. Auch hier ist der Zweck der Versorgungsanlage anzugeben. Zudem muss bei Leitungen ausgewiesen werden, ob diese ober- oder unterirdisch verlaufen sollen.
IV. Fazit
Zunächst ist klarstellend darauf hinzuweisen, dass der kommunale Instrumentenkasten auch noch Umsetzungsmöglichkeiten durch Festsetzungen im Bebauungsplan, vorhabenbezogene Bebauungspläne, städtebauliche Verträge, den Anschluss- und Benutzungszwang oder das besondere Städtebaurecht beinhaltet, welche in einem Fortsetzungsbeitrag noch näher beleuchtet werden.
Wie aufgezeigt wurde, ist es aber bereits auf Ebene der Flächennutzungsplanung sowie der bauleitplanerischen Abwägung möglich, die Weichen für eine gelungene Umsetzung der Wärmeplanungsstrategie zu stellen. Hierbei bietet es sich an, eine Art ‚Checkliste‘ (vorzugsweise auf Grundlage einer nach § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes) zu erstellen, um die (räumlichen) Bedürfnisse zur Umsetzung der Wärmeplanung sachgerecht in den Blick zu nehmen. Für Kommunen mit einem umfassenden Klimaschutzkonzept empfiehlt es sich, eine schon bestehende Checkliste zum Klimaschutz bzw. zur Klimaanpassung mit den Vorgaben der Wärmeplanung abzustimmen bzw. zu vereinheitlichen.
Wir beraten Sie zu sämtlichen Fragen der Bauleitplanung, insbesondere in Bezug auf die rechtssichere Umsetzung von kommunalen Wärmeplanungen sowie von Klimaschutz- und Klimaanpassungsstrategien.
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Würzburg, den 28. Februar 2025
RA Thomas Jäger/Fachanwalt für Verwaltungsrecht