Mit Bescheiden für die Jahre 2014 bis 2020 hat das Landratsamt Würzburg jeweils eine Niederschlagswasserabgabe gegen den Zweckverband Abwasserbeseitigung Wittigbach erhoben und damit die für ein Regenüberlaufbecken in Giebelstadt-Sulzdorf für diese Zeiträume fehlende wasserrechtliche Erlaubnis sanktioniert.
Gegen diese Abwasserabgabenbescheide hat der Abwasserzweckverband, vertreten von der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte PartGmbB, zum VG Würzburg Klage erhoben – dieses hat nun die Bescheide sämtlich aufgehoben.
Besondere Relevanz kommt dem vorliegenden Fall deshalb zu, da sich die Kläranlage und der Sitz des Abwasserzweckverbands in Baden-Württemberg befinden, die fehlende wasserrechtliche Erlaubnis aber ein Regenüberlaufbecken in Bayern betrifft. Des Weiteren bestehen in Bayern und Baden-Württemberg völlig unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung des Adressaten betreffend die Erhebung der Niederschlagswasserabgabe – während in Baden-Württemberg auf die jeweilige Gemeinde abgestellt wird und Adressat der Abwasserabgabenbescheide die einzelne Gemeinde ist, wird in Bayern auf die Kanalisation bzw. hydraulische Einheit Bezug genommen und geprüft, ob innerhalb der jeweiligen hydraulischen Einheit sämtliche wasserrechtlichen Erlaubnisse vorgelegen haben. Eine hydraulische Einheit wiederum – die im Übrigen im Gesetz nicht definiert ist – wird dann angenommen, wenn nach einem Zusammenschluss von Abwässern vor der Kläranlage keine gemeinsamen Anlagen zum Regenrückhalt bzw. zur Regenentlastung mehr vorliegen – alle bis zu diesem Zusammenschluss vorliegenden Kanalstränge stellen demnach eine Kanalisation und somit eine hydraulische Einheit dar.
In der mündlichen Verhandlung am 21.02.2025 hat das VG Würzburg insbesondere folgende rechtliche Erwägungen getroffen:
Das VG Würzburg hat vorliegend dem Freistaat Bayern, hier handelnd durch das Landratsamt Würzburg, die Verbandskompetenz zum Erlass der streitgegenständlichen Bescheide abgesprochen. Unter Zugrundelegung des Abwasserabgabengesetzes komme es auf die Einleitungsstelle an. Eine Aufteilung in Teilbereiche scheide hier aus, da es sich um eine hydraulische Einheit und damit um eine Kanalisation handele, deren Einleitungsstelle in Baden-Württemberg liege. Zudem ergebe sich die fehlende Verbandskompetenz des Freistaats Bayern auch aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG (im Übrigen inhaltsgleich mit Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG und § 3 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG B-W), wonach bei einem ortsgebundenen Recht die Behörde zuständig sei, in deren Bezirk der Ort liege.
Dem stehe auch nicht die zwischen dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg getroffene Einigung entgegen, da diese zeitlich nach Erlass der vorliegend streitgegenständlichen Bescheide ergangen sei und nach Auffassung des VG Würzburg aufgrund weiterer, über die örtliche Zuständigkeit hinausgehender Regelungen voraussichtlich auch rechtswidrig sei.
Die schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus.
„Es freut mich, dass das VG Würzburg klar Position bezieht, seine rechtliche Prüfung an Recht und Gesetz orientiert und sich dabei nicht von etwaigen politisch gewollten Ergebnissen leiten lässt. Gerade die mit der Erhebung der Abwasserabgabe in den letzten Jahren aufgekommenen zahlreichen Probleme bedürfen einer unabhängigen gerichtlichen Würdigung losgelöst von politischen Befindlichkeiten“, so Rechtsanwältin Simone Lesch/Fachanwältin für Verwaltungsrecht der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, die den Zweckverband Abwasserbeseitigung Wittigbach im vorliegenden Verfahren vertritt.
Würzburg, 24.02.2025
gez. RAin S. Lesch/Fachanwältin für Verwaltungsrecht