Historie des § 13b BauGB

Der § 13b BauGB wurde 2017 aufgrund der damaligen und auch immer noch anhaltenden Wohnungsnot in den Ballungsgebieten eingeführt und sollte es den Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen erlauben auch Flächen des Außenbereichs im beschleunigten Verfahren nach §13a BauGB für Wohnzwecke zu überplanen.

Im beschleunigten Verfahren nach §13a BauGB, auf den der §13b BauGB verweist, dürfen im Hinblick auf das Regelverfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans nach BauGB Abweichungen vorgenommen werden. Insbesondere darf im beschleunigten Verfahren von der Umweltprüfung in Form des Umweltberichts abgesehen, bei Abweichungen vom Flächennutzungsplan darf die Planung ohne vorherige Anpassung des Flächennutzungsplans vorgenommen werden und es kann von der frühzeitigen Behörden- sowie der Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen werden.

Entscheidung des BVerwG

Das BVerwG hat mit Urteil vom 18.07.2023, Az. BVerwG 4 CN 3.22, entschieden, dass § 13b BauGB unionsrechtswidrig ist und gegen Anforderungen der Richtlinie 2001/42/EG (SUP-Richtlinie) verstößt.

Die SUP-Richtlinie hat das Ziel ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen und soll dazu beitragen, dass Umwelterwägungen bei der Ausarbeitung von Plänen einbezogen werden. Dies soll dadurch geschehen, dass bestimmte Pläne, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, einer Umweltprüfung entsprechend der Richtlinie, unterzogen werden.

In dem zwischenzeitlich veröffentlichten Gründen des Urteils heißt es, dass §13b BauGB nicht mit den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 der SUP-Richtlinie vereinbar ist. Hierin ist geregelt, dass die Mitgliedsstaaten zwar durch eine Artfestlegung, wie sie der Gesetzgeber in §13b BauGB auch hat regeln wollen, bestimmte Pläne ohne Einzelfallprüfung von einer Umweltprüfung ausnehmen können. Voraussetzung ist aber, dass bei diesen Plänen von vornherein ausgeschlossen ist, dass diese erhebliche Umweltauswirkungen haben.

Die Regelung in §13b BauGB stellt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts aber gerade nicht sicher, dass infolge der Überplanung der Flächen unter Anwendung des § 13b BauGB keine erheblichen Umweltbeeinträchtigungen eintreten können. Vielmehr nimmt der Gesetzgeber dadurch eintretende Umweltbeeinträchtigungen in Kauf. Die quantitative Beschränkung auf weniger als 10.000 Quadratmeter Grundfläche und die zwei qualitativen Beschränkungen auf eine Wohnnutzung und auf den Anschluss an bereits bestehende Siedlungsgebiete sind nicht geeignet, erhebliche Umweltbeeinträchtigungen auszuschließen.

In Folge des Verstoßes gegen die SUP- Richtlinie leiden Bebauungspläne, welche unter Anwendung des § 13b BauGB aufgestellt wurden, an einem beachtlichen Verfahrensfehler im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Die Rechtsfolge ist somit die Unwirksamkeit dieser Bebauungspläne.

Auswirkungen auf die Praxis und Reaktion des Gesetzgebers

Die Entscheidung des BVerwG hat große Auswirkungen auf die Praxis, da die Gemeinden vom beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB regen Gebrauch gemacht haben. Dementsprechend sind zahlreiche Bebauungspläne unter Anwendung der europarechtswidrigen Norm aufgestellt worden. Unbeachtlich wird der Verfahrensfehler nur dann, wenn seit Inkrafttreten des Bebauungsplans 1 Jahr vergangen ist und der Bebauungsplan innerhalb dieses Jahres weder mit einem Normenkontrollantrag angegriffen, noch gemäß § 215 Abs. 1 BauGB der Verfahrensfehler schriftlich gegenüber der Gemeinde gerügt wurde.

Um dieser Rechtsunsicherheit zu begegnen, hat der Bundestag am 17.11.2023 eine Änderung des BauGB beschlossen. § 13b BauGB, dessen Geltungsdauer ohnehin bis zum 31.12.2022 bzw. 31.12.2024 beschränkt war, wird nicht verlängert. Außerdem wird § 215a BauGB eingefügt. Nach dieser Vorschrift sollen nach § 13b BauGB bereits eingeleitete Verfahren beendet werden können. Für bereits in Kraft getretene Bebauungspläne sieht die Norm ein ergänzendes Verfahren vor. Die Gemeinden müssen eine umweltrechtliche Vorprüfung durchführen. Sollten sich im Rahmen dieser Vorprüfung Anhaltspunkte für erhebliche Umweltauswirkungen ergeben, ist eine vollständige Umweltprüfung durchzuführen bzw. nachzuholen. Die Neuregelung soll am 01.01.2024 in Kraft treten.

 

gez. RAin Anja Schilling/Fachanwältin für Verwaltungsrecht
Würzburg, 06.12.2023