In unserer täglichen Arbeit erreichen uns immer wieder Anfragen und Wünsche von Mandantinnen und Mandanten zur Erhebung einer Dienstaufsichtsbeschwerde. Der nachfolgende Beitrag erläutert daher die rechtlichen Hintergründe dieses Rechtsinstituts (I.), sowie den Inhalt und Umfang der Entscheidung über die Dienstaufsichtsbeschwerde (II.), bevor er abschließend darauf eingeht, ob und in welchen Fällen eine solche Beschwerde sinnvoll erscheint (III.).
I. Rechtlicher Hintergrund der Dienstaufsichtsbeschwerde
Mit der Dienstaufsichtsbeschwerde kann ein persönliches Fehlverhalten von Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richtern, sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes geltend gemacht werden. Für die von der Dienstaufsichtsbeschwerde betroffene Person kann die Beschwerde ggf. dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen (Baumann/Eiding, Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 7).
Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits früh dargelegt, dass Dienstaufsichtsbeschwerden zu den Petitionen im Sinne des Art. 17 Grundgesetz (GG) gehören (BVerwG, Beschluss vom 1. September 1976 – VII B 101.75 –, juris Rn. 12). Art. 17 GG gewährt Jedermann das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Eine ähnliche Regelung enthält Art. 115 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung (BV), wonach alle Bewohner Bayerns das Recht haben, sich schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Behörden oder an den Landtag zu wenden.
Dienstaufsichtsbeschwerden können als formloser Rechtsbehelf schriftlich, per E-Mail, Telefax, mündlich und in sonstiger Form erhoben werden (Schmidbauer in: Schmidbauer/Steiner, POG, Art 12 Rn. 212 f; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 9. August 2007 – 1 WB 51/06 –, juris Rn. 19).). Jedoch gilt zu beachten, dass nur Beschwerden welche die Schriftform wahren vom Petitionsrecht erfasst werden und die aus Art. 17 GG abgeleitete Verpflichtungen der Behörde auslösen (Friedersen/Stadelmann in: PdK SH A-15, LVwG § 15 4.). Insoweit ist die Einhaltung der Schriftform dringend zu empfehlen, d.h. entweder eine eigenhändige Unterschrift oder – wenn die Behörde einen solchen Zugang eröffnet hat (vgl. § 3a Abs. 1 BayVwVfG) – ein elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur. Weitergehende formelle Anforderungen enthält das Gesetz nicht. Somit sind auch keine Fristen zu beachten und die Beschwerde jederzeit möglich (Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 17 Rn. 66).
Zuständige Stelle für die Dienstaufsichtsbeschwerde ist der oder die Dienstvorgesetzte, d.h. regelmäßig die Behördenleiterin oder der Behördenleiter. Bei Bundesbeamten ergibt sich die Zuständigkeit aus § 3 Bundesbeamtengesetz (BBG), bei Landesbeamten in Bayern aus Art. 3 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG), bei Bürgermeistern, Landräten, Bezirkstagspräsidenten ist nach Art. 15 Abs. 3 S. 1 Bayerische Disziplinarordnung (BayDO) die Rechtsaufsichtsbehörde zuständig. Rechtsaufsichtsbehörde ist nach Art. 110 Bayerische Gemeindeordnung (BayGO) für die kreisangehörigen Gemeinden das Landratsamt und bei kreisfreien Gemeinden die Regierung.
II. Inhalt und Umfang der Entscheidung über die Dienstaufsichtsbeschwerde
Der Wunsch zur Einleitung einer Dienstaufsichtsbeschwerde rührt oftmals aus persönlichen Differenzen zwischen den Mandanten und der zuständigen Sachbearbeiterin bzw. dem zuständigen Sachbearbeiter einer Behörde her. Teilweise besteht auch gerade bei politisch brisanten Themen innerhalb einer Gemeinde ein Misstrauen zu den Entscheidungsträgern und Zweifel an ihrer Unparteilichkeit. Losgelöst vom konkreten Einzelfall sollten bei der Entscheidung über die Erhebung einer Dienstaufsichtsbeschwerde jedoch folgende Überlegungen zu Inhalt und Umfang der Verbescheidung der Dienstaufsichtsbeschwerde berücksichtigt werden.
Die Dienstaufsichtsbeschwerde knüpft an ein persönliches Fehlverhalten an. Insoweit kommen als Pflichtverletzungen zum Beispiel Verstöße gegen die Amtsverschwiegenheit in Betracht oder beleidigendes oder diskriminierendes Verhalten. Demgegenüber ist eine lediglich abweichende Rechtsauffassung der Behördenmitarbeiter kein geeigneter Grund für eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Ebenso kann mit einer solchen Beschwerde keine andere Entscheidung in der Sache erzielt werden. Denn im Rahmen der Dienstaufsichtsbeschwerde wird allein das persönliche Verhalten der Behördenmitarbeiterin oder des Behördenmitarbeiters überprüft, nicht aber die eigentliche Sachentscheidung (z.B. Erteilung oder Versagung einer Baugenehmigung oder einer Gewerbeerlaubnis).
Bedeutsam für die Frage, ob und inwieweit die Einlegung einer Dienstaufsichtsbeschwerde sinnvoll ist, ist auch der Umfang der Beantwortung. Das OVG Lüneburg hat in einem Beschluss vom 11. Juli 2022 (Az.13 ME 141/22 –, juris Rn. 23) den in der Rechtsprechung anerkannten Anspruch der Beschwerdeführer wie folgt zusammengefasst:
„In der Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Dienstaufsichtsbeschwerdeführer beanspruchen kann, dass seine Dienstaufsichtsbeschwerde von der angegangenen Stelle entgegengenommen, sachlich behandelt, beschieden und dem Dienstaufsichtsbeschwerdeführer anhand der Bescheidung kenntlich gemacht wird, dass und welcher Art über seine Dienstaufsichtsbeschwerde entschieden wurde. Einer darüberhinausgehenden inhaltlichen Begründung und Auseinandersetzung mit dem Begehren des Dienstaufsichtsbeschwerdeführers bedarf es hingegen grundsätzlich nicht.“
Dem folgend besteht nur ein Anspruch auf das „Ergebnis“ der Beurteilung der Beschwerde durch die zuständige Stelle, nicht aber auf eine Begründung. Dieser Umstand ist für die Beschwerdeführer oftmals äußerst unbefriedigend, insbesondere wenn die Beschwerde zurückgewiesen wird.
Darüber hinaus besteht kein Anspruch, dass über die Beschwerde innerhalb einer bestimmten Zeit entschieden wird. Die Verbescheidung muss lediglich innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen (Meyer, Beamtenrecht, Allgemeines Dienstaufsichtsbeschwerde). Dies hat zur Folge, dass die Beschwerdeführer oftmals monatelang auf die Behandlung ihrer Beschwerde warten, wobei das Verwaltungsgericht Halle (Saale) eine Bearbeitungszeit von 8 Monaten als zu lange angesehen hat (Urteil vom 11. März 2004 – 1 A 259/03 – juris Rn.13).
Die Beschwerdeführer haben auch keinen Anspruch auf eine Entscheidung in ihrem Sinne (z.B. Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen die Sachbearbeiterin bzw. den Sachbearbeiter), sondern lediglich darauf, dass über ihre Beschwerde überhaupt entschieden wird. Diese Einschränkung wirkt sich auf die gerichtliche Kontrolle der Bescheide aus. Als Rechtsmittel gegen eine ablehnende Entscheidung über die Dienstaufsichtsbeschwerde kommt lediglich eine allgemeine Leistungsklage in Betracht (VG Halle (Saale), a.a.O., juris Rn. 11). Denn der Petitionsbescheid stellt mangels unmittelbarer Außenwirkung keinen Verwaltungsakt dar und kann daher nicht mit einer Anfechtungsklage angegriffen werden (BVerwG, Beschluss vom 22. Oktober 1957 – I B 127.57 –, juris Orientierungssatz). Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich dabei allein auf den Anspruch auf die gebotene Behandlung und Beantwortung der Eingabe, erfasst jedoch „nicht das mit der Petition verfolgte Sachanliegen“ (OVG Lüneburg, Beschluss vom 8. Januar 2003 – 11 LA 394/02 –, juris Rn. 8). Daher werden die Art (positive oder negative Entscheidung über die Beschwerde) und der Umfang der Prüfung durch den oder die Dienstvorgesetzte(n) vom Gericht nicht geprüft.
III. Bewertung
Die überwiegende Anzahl der Anfragen bezüglich der Erhebung einer Dienstaufsichtsbeschwerde steht in Zusammenhang mit sachlichen und rechtlichen Fragen bzw. Differenzen. Diese Problematiken können jedoch nur im Wege eines Rechtsmittels oder bereits vorab im Gespräch mit der Behörde gelöst werden. Die Dienstaufsichtsbeschwerde hilft hier nicht weiter. Auch eine bloße Unzufriedenheit oder Antipathie gegenüber der Sachbearbeiterin oder dem Sachbearbeiter innerhalb der Behörde gibt noch keinen Anlass zur Erhebung einer Dienstaufsichtsbeschwerde. Hier scheint es regelmäßig empfehlenswert, das Gespräch mit dem oder der Dienstvorgesetzten zu suchen und somit eine „zweite Meinung“ einzuholen. Für diese Schritte kann bereits anwaltliche Unterstützung sinnvoll sein um das Anliegen sachlich und konstruktiv voranzutreiben.
Gerade weil oftmals sachliche und nicht persönliche Gründe Anlass für eine Dienstaufsichtsbeschwerde sind und das Ergebnis der Entscheidung gerichtlich nicht angreifbar ist, laufen diese häufig ins Leere. Die Dienstaufsichtsbeschwerde wird daher auch teilweise als „formlos, fristlos und fruchtlos“ bezeichnet (Stern/Blanke, Verwaltungsprozessrecht, § 9 Rn. 140). Eine Dienstaufsichtsbeschwerde kann in begründeten Einzelfällen durchaus ihre Berechtigung haben (z.B. Diskriminierung, Beleidigung etc.). Sie sollte jedoch stets auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben und somit die konstruktive Problemlösung gemeinsam mit der Behörde im Sinne der Mandantschaft im Vordergrund stehen.
Wenn Sie Unterstützung bei der Kommunikation mit einer Behörde benötigen, stehen wir Ihnen hierfür gerne beratend zur Verfügung.
Gez. Dr. Eric Weiser-Saulin/Rechtsanwalt