Mit Beschluss vom 25.07.2023 (Az.: BVerwG 4 B 28.22) hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts über die Definition des Begriffes Traufhöhe entschieden. Vorangegangen waren verwaltungsgerichtliche Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Hannover (Az.: 4 A 7652/18) und dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg (Az.: 1 LB 13/21).

Der Begriff der Traufhöhe ist in Nr. 2.8 der Anlage zur Planzeichenverordnung (PlanZV) ausdrücklich als mögliche Festsetzung für einen Bebauungsplan benannt und das Planzeichen ist „TH“, wobei als Beispiel in der PlanZV angeführt ist „TH 12,4 m über Gehweg“. Weder gesetzlich in Baugesetzbuch, Baunutzungsverordnung oder Niedersächsischer Landesbauordnung noch in der Planzeichenverordnung selbst ist allerdings eine Definition des Begriffes „Traufhöhe“ enthalten. Offenbar haben weder Gesetz- noch Verordnungsgeber es für erforderlich gehalten, den Begriff der Traufhöhe durch Gesetz oder Verordnung zu definieren. Das Bundesverwaltungsgericht hatte nun die Frage zu beantworten, ob als oberer Bezugspunkt der Traufhöhe der fiktive Durchstoßpunkt der Fassade durch die Dachhaut oder die Unterkante der Dacheindeckung (Traufe) maßgeblich ist oder ob eine solche Festsetzung mangels Bestimmtheit unwirksam ist.

Es hat sich mit Blick auf die vorhandene Rechtsprechung verschiedener Oberverwaltungsgerichte (OVG Münster 1975, OVG Koblenz 1980, OVG Greifswald 2006, OVG Schleswig 2021) und der vorherrschenden Meinung in der juristischen Literatur für folgende Definition entschieden:

Der Begriff der Traufhöhe i. S. d. Nr. 2.8 der Anlage zur Planzeichenverordnung bezeichnet die Höhe des Schnittpunkts der Außenfläche des aufgehenden Mauerwerks mit der Dachhaut (sog. Traufpunkt) über dem unteren Höhenbezugspunkt.“ (Leitsatz)

Der weder in der Planzeichenverordnung noch sonst, etwa in der Immobilienwertermittlungsverordnung, die ihn in Anlage 4 verwendet, näher definierte Begriff Traufhöhe ist grundsätzlich ohne weitere Erläuterungen hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar. Er bezeichnet – wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend angenommen hat – die Höhe des Schnittpunkts der Außenfläche des aufgehenden Mauerwerks mit der Dachhaut (sog. Traufpunkt) über dem unteren Höhenbezugspunkt. Die Traufe ist demgegenüber der unterste Punkt der gegebenenfalls überstehenden Dachhaut, an dem sich die Dachrinne/Traufrinne befindet bzw. der Regen vom Dach tropft.“ (Rn. 6 der Begründung des Beschlusses).

Der Hintergrund des Rechtsstreites ist, dass ein Bauherr bei der Ansetzung der – regelmäßig niedriger liegenden – Traufe als oberem Bezugspunkt eine größere bauliche Höhe des Gebäudes realisieren kann, als bei der Ansetzung des Traufpunktes als oberem Bezugspunkt.

Das Bundesverwaltungsgericht begründet seiner Entscheidung damit, dass nur mit diesem Begriffsverständnis die Traufhöhe – wie die Firsthöhe und die Oberkante baulicher Anlagen – ein zur Höhenbegrenzung baulicher Anlagen geeigneter fester Bezugspunkt sei, der nicht durch gestalterische Maßnahmen (z. B. Dachüberstände, Ziertraufen) umgangen werden könne.

 

Mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts haben nun einerseits die Bauherren Klarheit über die Auslegung vorhandener Bebauungspläne bezüglich festgesetzter Traufhöhen und die Gemeinderatsmitglieder und Gemeindeverwaltungen sind sich bei der Festsetzung von Traufhöhen in neuen oder geänderten Bebauungsplänen sicher, wie das Bundesverwaltungsgericht den Begriff auslegt.

 

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Hannover, 14.09.2023

gez. RA Rick Schulze/Fachanwalt für Verwaltungsrecht