Auf Antrag der Gemeinde Ramsau hatte das Landratsamt Berchtesgadener Land mit Bescheid vom 21.12.2022 eine wasserrechtliche Genehmigung zur Verlegung von Rohrleitungen auf einer Strecke von fast 7 km von der Tallage bis zur ca. 730 m höher gelegenen Kührointalm genehmigt. Mit dieser Maßnahme sollten die Kührointalm (inklusive dem Standort der Bundespolizei) und die Schappbachalm an die Entwässerungseinrichtung und die Trinkwasserversorgungsanlage der Gemeinde Ramsau angeschlossen werden. Gleichzeitig sollte in den Rohren ein Stromkabel sowie ein Kabel zur Breitbandversorgung der Almen verlegt werden.

Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. hat gegen diese Genehmigung durch die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB (Würzburg, Leipzig, Hannover) Klage vor dem Verwaltungsgericht München erheben lassen, da die Verlegung der Rohrleitungen mit zum Teil schwerwiegenden Eingriffen in das FFH-Gebiet, das Vogelschutzgebiet „Nationalpark Berchtesgaden“ und in den Alpen- und Nationalpark selbst verbunden gewesen wäre. Begründet wurde die Klage insbesondere damit, dass im Verfahren zur Erteilung der Genehmigung eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt wurde. Außerdem wurde die Genehmigung ohne Erteilung von notwendigen Befreiungen von Verboten der Alpen- und Nationalparkverordnung Berchtesgaden erteilt. Soweit bezüglich einzelner Verbotstatbestände der Nationalparkverordnung doch eine Befreiung im Genehmigungsbescheid erteilt wurde, erwies sich diese aus Sicht des Bund Naturschutz in Bayern e.V. als rechtswidrig, da die Alternativen für die Entwässerung der Almen nicht hinreichend untersucht wurden. Rechtswidrig war die erteilte Genehmigung auch deshalb, weil die notwendige Verträglichkeitsprüfung mit den Schutzzielen des FFH-Gebietes bzw. des Vogelschutzgebietes unterlassen wurde. Auch im Hinblick auf den besonderen Artenschutz erfolgte die Überprüfung der gesetzlichen Verbotstatbestände nur unzureichend. Die Genehmigung wäre mit einem Eingriff in den historischen Wanderweg 442, welcher direkt zur Kührointalm führt, verbunden gewesen. In diesen Wanderweg, welcher sehr schmal und stark durchwurzelt ist, und in die angrenzenden Waldbereiche hätte infolge der Leitungsverlegung massiv eingegriffen werden müssen. Alternativ zur Verlegung der Leitungen im Wanderweg sah die Genehmigung die Leitungsverlegung in einer Forststraße vor, bei welcher jedoch zuvor im Verfahren festgestellt wurde, dass in diesem Fall die Bauarbeiten zu erheblichen Eingriffen in das Natura 2000 Gebiet führen würden.

Nachdem die Klage erhoben wurde, hat das Landratsamt auf Antrag der Gemeinde Ramsau mit Bescheid vom 28.03.2023 die sofortige Vollziehung der wasserrechtlichen Genehmigung angeordnet. Hierdurch wurde der Bund Naturschutz in Bayern e.V. gezwungen, zusätzlich zur Klage einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht München anhängig zu machen, um zu verhindern, dass noch während des Klageverfahrens vollendete Tatsachen geschaffen werden.

Nun hat das Landratsamt Berchtesgadener Land mit Schriftsatz an das Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass die Gemeinde Ramsau den Antrag auf wasserrechtliche Genehmigung vom 26.04.2022 zurückgenommen hat, womit auch der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid gegenstandslos geworden ist.

Offensichtlich wollte die Gemeinde mit diesem Vorgehen verhindern, dass im Klageverfahren bzw. im Eilverfahren eine negative gerichtliche Entscheidung ergeht.

„Zwar ist grundsätzlich zu begrüßen, dass der rechtswidrige Bescheid des Landratsamtes Berchtesgadener Land nun gegenstandslos ist. Bedauerlich ist allerdings, dass erst die Klage und ein Eilantrag des Bund Naturschutz in Bayern e.V. dazu geführt haben, dass ein offensichtlich rechtswidriger Genehmigungsbescheid nicht vollzogen wird. Der gemeinnützig und ehrenamtlich tätige Umweltverband musste wieder einmal unter Aufwendung erheblicher Kosten dafür Sorge tragen, dass naturschutzfachlichen Belangen im Nationalpark Berchtesgaden Geltung verschafft wird“, so Rechtsanwältin Anja Schilling/Fachanwältin für Verwaltungsrecht der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB.

 

Würzburg, den 12.05.2023

 

gez.: RAin Anja Schilling

Fachanwältin für Verwaltungsrecht