Landwirt kann Vollzug einer Duldungsanordnung der Bundesnetzagentur gemäß § 44 Abs. 1 EnWG abwehren

Die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB hat erfolgreich eine Duldungsanordnung zugunsten der Transnet BW GmbH abgewehrt bzw. deren Vollzug verhindert.

Die Bundesnetzagentur hatte gegenüber einem Landwirt aus dem südlichen Landkreis Schweinfurt eine Duldungsanordnung zur Durchführung von Vorarbeiten der Planfeststellung erlassen. Darin sollte der Landwirt verpflichtet werden, unter anderem die Vornahme eines Baggerschurfes im Zeitraum zwischen KW 8 und KW 16 auf dem landwirtschaftlichen Grundstück zu dulden, nachdem dieser Landwirt gegenüber der Transnet BW GmbH als Vorhabenträger der SuedLink-Höchstspannungsleitung ein Betretungsverbot ausgesprochen hatte. Dieses sollte durch die Duldungsanordnung überwunden werden. In dem Bescheid wurde der Transnet BW das Recht eingeräumt, bis zum 30.04.2023 die geplanten Bodenarbeiten durchzuführen

Gegen die Duldungsanordnung wendete sich der von der Kanzlei Baumann Partnerschaftsgesellschaft mbB (Würzburg – Leipzig – Hannover) vertretene Landwirt mit einem Schreiben an das Landratsamt Schweinfurt (Untere Naturschutzbehörde) und bat dieses, sicherzustellen, dass durch die von der TransnetBW GmbH beabsichtigten Maßnahmen keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände bezüglich der besonders geschützten Art Feldhamster verwirklicht werden. Denn es bestand die begründete Vermutung, dass möglicherweise Feldhamster durch den Baggerschurf in ihren Winterquartieren getötet werden.

Das Landratsamt Schweinfurt teilte nunmehr mit, es habe in Übereinstimmung mit der höheren Naturschutzbehörde bei der Regierung von Unterfranken der Transnet BW GmbH aufgegeben, bis zum 30.04.2023 keinen Baggerschurf vorzunehmen. Damit erstreckt sich das Verbot der Naturschutzbehörde über den gesamten Zeitraum der Duldungsanordnung, die nach dem Bescheid am 30.04.2023 auf jeden Fall endet.

 

Wegen der Vergrämung des Feldhamsters gab es schon bei dem Erörterungstermin zum Konverter am 12. Dezember 2022 heftige Auseinandersetzungen, die in eine Strafanzeige gegen den Vorhabenträger zur Staatsanwaltschaft in Schweinfurt vom 13.12.2022 mündeten. Darin wurde der Vorwurf erhoben, dass die für die Errichtung des Konverters zuständige Firma TenneT TSO GmbH durch ihre Vorgehensweise in Kauf genommen habe, dass die europarechtlich geschützten Feldhamster am Standort die vorgesehenen Maßnahmen nicht überleben werden. (Einsehbar auf unserer Homepage unter https://www.baumann-rechtsanwaelte.de/2022/10/25/buergerinitiative-bergrheinfeld-wehrt-sich-mit-baumann-rechtsanwaelte-gegen-konverter-bei-suedlink/). Die Naturschutzbehörden haben durch Ihr Vorgehen nunmehr erfreulicherweise eine solche Zuspitzung der Situation vermieden.

 

Wie wir bereits in einem Fachbeitrag auf unserer Homepage vom 21.12.2021 dargelegt haben, ist bei der Duldungsanordnung zwischen der Anordnung selbst und der Zulässigkeit der Maßnahme nach den jeweiligen Fachgesetzen zu unterscheiden (online HIER abrufbar ).

Denn eine Duldungsanordnung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 EnWG ersetzt nicht die nach anderen Fachgesetzen für die Vornahme der Vorarbeiten erforderlichen Genehmigungen, Erlaubnisse oder Bewilligungen, hat also keine sog. „Konzentrationswirkung“ (BVerwG, Beschluss vom 4. Dezember 2020, Az. 4 VR 4/20, juris Rn. 29). Sind also beispielsweise Erlaubnisse des Wasserwirtschaftsamts oder Genehmigungen der unteren Naturschutzbehörde für die konkrete Maßnahme notwendig (zum Beispiel Bohrung im Wasserschutzgebiet o.ä.), müssen diese von den Vorhabenträgern bei der jeweiligen Fachbehörde angefordert werden.

Dies hat zur Folge, dass Betroffene sich regelmäßig auch im fachbehördlichen Verfahren wegen naturschutzrechtlicher bzw. wasserrechtlicher Fragen gegen eine Duldungsanordnung wehren können.

 

Würzburg, den 22.03.2023

gez.: RA Wolfgang Baumann

Fachanwalt für Verwaltungsrecht