Der nachfolgende Beitrag legt dar, was Betroffene zu Einwendungen im Raumordnungsverfahren wissen sollten. Er erläutert die Hintergründe des Raumordnungsverfahrens und zeigt auf, an welcher Stelle des Verfahrens Einwenderinnen und Einwender besondere Sorgfalt walten lassen müssen.

Raumbedeutsame Planung (Bundesfernstraßen, Stromtrassen innerhalb eines Bundeslandes, Großbauwerke (ICE-Werke, Konverter etc.) durchlaufen regelmäßig ein zweistufiges Planungsverfahren.

Auf der ersten Stufe erfolgt zunächst ein Raumordnungsverfahren. Dieses wird in Bayern von der höheren Landesplanungsbehörde (vgl. Art. 7 BayLplG), d.h. der Regierung in deren Regierungsbezirk das Vorhaben verwirklicht werden soll, durchgeführt. In diesem Verfahren beurteilt die Behörde, welche der verschiedenen Alternativverläufe oder -standorte raumverträglich sind, d.h. ob und inwieweit diese mit den Grundsätzen und Zielen der Raumordnung übereinstimmen. Außerdem werden Belange des Natur- und Artenschutzes geprüft, sowie die Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt (Boden, Luft, Wasser, Mensch (z.B. Lärm), Natura-2000-Schutzgebiete etc.). Dabei ist im Raumordnungsverfahren noch keine Detailprüfung verlangt, es müssen aber die zu erwartenden Umweltauswirkungen sowie vernünftige Alternativen beschrieben und bewertet werden.

Die auf diese Weise erzielten Ergebnisse haben hinsichtlich des nachfolgenden Planfeststellungsverfahrens keine bindende Wirkung, sind aber als „sonstiges Erfordernis der Raumordnung“ im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.

Auf der nachfolgenden zweiten Stufe erfolgt dann nach Auswahl eines konkreten Verlaufs oder Standortes und nach Durchführung der Detailplanung durch den Vorhabenträger das Planfeststellungsverfahren. Erst hier wird parzellengenau festgelegt, wo das geplante Vorhaben realisiert werden soll. Erst mit dem dieses Verfahren abschließenden Planfeststellungsbeschluss wird das Vorhaben zugelassen.

In beiden Verfahrensstufen besteht für die Betroffene Öffentlichkeit die Möglichkeit, Einwendungen zu erheben und zu dem Vorhaben Stellung zu nehmen. Nachfolgend werden Inhalt und Umfang von Einwendungen näher vorgestellt:

1.      Was sind Einwendungen

Durch das Instrument der Einwendungen wird der Öffentlichkeit die Möglichkeit eröffnet eigenes sachliches Vorbringen gegen das geplante Vorhaben in das Planungsverfahren einzubringen. Betroffene können hierdurch bereits ihre Rechte wahren und ihre Betroffenheit (Eigentum, Gesundheit, etc.) darlegen, sowie erläutern, weshalb sie das Vorhaben ablehnen bzw. weshalb sie durch das Vorhaben unzumutbar belastet werden.

Die im Beteiligungsverfahren vorgetragenen Standpunkte und Bedenken gegen die Auslegungsunterlagen (Antragsunterlagen, Fachgutachten – z.B. zu Lärm, Verkehr, Artenschutz, etc. -, behördliche Stellungnahmen) sind wichtig, da sie Teil der umfassenden behördlichen Raumverträglichkeitsprüfung werden.

2.      Wie lange und in welcher Form können Einwendungen erhoben werden?

Bei der Öffentlichkeitsbeteiligung sind zwei Fristen zu unterscheiden. Die Auslegungsfrist regelt, wie lange die Verfahrensunterlagen zur Einsichtnahme durch die Öffentlichkeit auszulegen sind. Soweit Unterlagen online bereitgestellt werden empfiehlt es sich, diese vor Ablauf der Frist vollumfänglich herunterzuladen.

Die daran anknüpfende Äußerungsfrist/Einwendungsfrist legt fest, wie lange es der Öffentlichkeit möglich ist, Einwendungen einzureichen. Dabei ist darauf zu achten, dass der letzte Tag der Einwendungsfrist derjenige Tag ist, bis zu dem die Einwendung bei der Behörde eingegangen sein muss. Das bloße Absenden der Einwendung an diesem Tag ist zur Fristwahrung nicht ausreichend. Verspätet eingegangene Einwendungen können von der Behörde zurückgewiesen werden.

Informationen zur Form finden sich in der öffentlichen Bekanntmachung der Behörde. Soweit nur eine schriftliche Einwendung zulässig ist, ist eine E-Mail nicht ausreichend. Die Einwendung muss dann vielmehr bei der Behörde unterschrieben in Papierform abgegeben werden. Es empfiehlt sich, den Eingang der Einwendung (schriftlich) bestätigen zu lassen.

3.      Was gehört alles in die Einwendung und was muss beachtet werden?

Es sollte möglichst sachlich dargelegt werden um welches Vorhaben es sich handelt und weshalb bzw. inwieweit dieses abgelehnt wird. Grundsätzlich empfiehlt es sich, das Ergebnis der Einwendung deutlich herauszustellen und dieses ggfs. schon vorwegzustellen (z.B. „Das Vorhaben ist nicht raumverträglich, da es zu unzumutbaren Lärmbelastungen/ Eigentumseingriffen/ Beeinträchtigungen/Belästigungen für mich und die Umgebung führt und weil dem Vorhaben umweltrechtliche Bedenken entgegenstehen“).

Es kann sodann auf den bisherigen Verfahrensgang eingegangen werden und ggfs. Kritik an der Verfahrensführung der Behörde geäußert werden: Die Unterlagen waren nur teilweise online veröffentlicht, die Einsichtnahme am Auslegungsort war nur erschwert möglich (z.B. nicht barrierefrei, Einschränkungen wegen COVID-19-Hygienemaßnahmen etc.), die Auslegungsfrist/ Einwendungsfrist war zu kurz bemessen um ausreichend Stellung nehmen zu können, bestimmte Unterlagen haben gefehlt, Unterlagen waren unvollständig (siehe Art. 25 Abs. 3 Satz 1 BayLplG), Unterlagen waren unübersichtlich etc.).

Auch wenn es für die Behörde im Raumordnungsverfahren hauptsächlich auf die Vereinbarkeit des Vorhabens mit Zielen und Grundsätzen der Raumordnung ankommt, sowie auf Umweltbelange, sollte bei privaten Einwendungen zunächst die persönlichen Betroffenheiten im Mittelpunkt stehen. Diese sollten so umfassen wie möglich beschrieben werden, um der Behörde zu ermöglichen, diese Aspekte möglichst frühzeitig angemessen zu berücksichtigen. Einwendungen können beispielsweise sein (soweit zutreffend):

  • Ich bin Eigentümer des Grundstücks Flurnummer […] der Gemarkung […]. Dieses Grundstück soll für den Standort XY in Anspruch genommen werden. Das Grundstück wird landwirtschaftlich genutzt. Ich bin für meinen landwirtschaftlichen Betrieb zwingend auf dieses Grundstück angewiesen, da es mit […] Bodenpunkten das wertvollste Grundstück meines Betriebes darstellt und ich bei Wegfall des Grundstücks in meiner Existenz gefährdet bin. Alternativgrundstücke stehen mir nicht zur Verfügung […]
  • Ich bin Eigentümer des Grundstücks Flurnummer […] der Gemarkung […]. Auf dem Grundstück befindet sich das Wohnhaus unserer Familie, welches lediglich einen abstand von […]m zur geplanten Bundesfernstraße [XY] aufweist. Durch die Lärmbelastungen befürchte ich nicht nur eine erhebliche Minderung des Grundstückswertes, sondern auch gesundheitliche Beeinträchtigungen. […].
  • Ich bin Bürger*in der Gemeinde XY. Den Bereich [räumlichen Bereich näher beschreiben] XY nutze ich an Wochenenden regelmäßig als Erholung Insbesondere wandere/ spaziere/reite/fahre ich Rad/Mountainbike etc. Das Gebiet stellt für mich ein wichtiges Naherholungsgebiet dar […].
  • Ich bin Anwohner*in des Wohngebiets […] in […]. Durch die Abholzung der Waldflächen im […]-Wald befürchte ich Auswirkungen auf das Mikroklima. Insbesondere aufgrund der wärmer werden Sommer und des Fortschreitenden Klimawandels befürchte ich eine erhebliche Zunahme der Temperaturen im Sommer, wenn die Ausgleichsfunktion der Waldflächen wegfallen.

Pauschale Ausführungen wie ein schlichtes „Nein“ und grundsätzlich ablehnende Ausführungen sind nicht hilfreich. Je sachlicher die Einwendung vorgetragen wird, umso eher wird sie von der Behörde auch „ernstgenommen“.

Darüber hinaus können auch Belange des Natur-, Umwelt- und Artenschutzes vorgetragen werden, auch wenn hierdurch keine persönliche Betroffenheit oder persönliche Rechtsverletzung zu erwarten ist.

Wer möchte kann sich zudem mit den einschlägigen raumplanerischen Vorgaben auseinandersetzen (LEP Bayern, Regionalpläne etc.). Diese fachlichen Einwendungen sind für Privatpersonen allerdings oftmals schwer leistbar.

Sie benötigen Unterstützung beim Verfassen von Einwendungen? Wir beraten Sie gerne.

Dr. Eric Weiser-Saulin/Rechtsanwalt