Die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB (Würzburg-Leipzig-Hannover) hat heute im Rahmen der Konsultation zum Netzentwicklungsplan Strom 2021-2035 für den Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge und die Gemeinde Niederaichbach sowie den Bund Naturschutz in Bayern e.V. und die Deutschen Gebirgs- und Wandervereine e.V. eine umfängliche Stellungnahme abgegeben. Die vorgelegte Planung für das Höchstspannungsnetz, unter anderem für Südostlink und Südlink, wurde von der Bundesnetzagentur im Rahmen eines Konsultationsverfahrens der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Kritik der Kommunen und der Umweltverbände fiel deutlich aus: Nach ihrer Auffassung hält der vorgelegte Entwurf zum Netzentwicklungsplan 2021-2035 unter energiewirtschaftlichen und rechtlichen Gesichtspunkten einer Überprüfung nicht stand und muss daher revidiert werden.

Der Entwurf des Netzentwicklungsplans erfülle die Anforderungen an den Umweltschutz nicht; dies gelte auch für die vorläufige Bewertung der Bundesnetzagentur: In unzulässiger Weise werde die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz vom 24.3.2021 völlig ausgeblendet. Auch die Novellen des Klimaschutzgesetzes 2021 und des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes hätten keine Berücksichtigung gefunden. Nach Auffassung der Rechtsanwälte stelle dies einen Verfassungsverstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip dar: Die Bundesnetzagentur als Prüfbehörde weigere sich aktuell geltende Gesetzesvorschriften anzuwenden. Sie entwickele willkürlich eigene Prüfungsmaßstäbe, obgleich die neuen gesetzlichen Vorschriften sehr viel strenger seien. So bestehe die Befürchtung, dass die vorgelegte Netzentwicklungsplanung einfach durchgewinkt würde, ohne dass sie der neuen Rechtslage entspreche.

Rechtsanwalt Wolfgang Baumann, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, übt heftige Kritik an dem Vorgehen der Bundesnetzagentur: „Der bisher beschrittene Irrweg des unbegrenzten Ausbaus von Stromautobahnen von Nord nach Süd dürfe jetzt nicht beschleunigt – und nun auch noch unter bewusster Missachtung gesetzlicher Vorschriften und verfassungsrechtlicher Vorgaben – weiterverfolgt werden. Ziel müsse es sein, in kürzester Zeit eine Energiewende von unten durchzuführen. Denn es sei abzusehen, dass der Versuch, über Megatrassen aus dem Norden die Stromversorgung in Bayern sicherzustellen, scheitern wird, jedenfalls rechtzeitig nicht zu erwarten sein dürfte. Die Energiewende entscheidet sich vor Ort, wo jenseits der urbanen Zentren eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern in die Energiewende investieren müssen. Der massive Einsatz der erneuerbaren Energien führt zu einer Dezentralisierung der Energieversorgung und damit zu einer Veränderung der Netzstruktur. Nur ein subsidiäres System auf der kommunalen Ebene kann helfen, die heutigen Hemmnisse zu beseitigen und eine neue unternehmerische Dynamik sowie die erforderlichen Innovationen hervorzurufen!“

In der Stellungnahme werden verschiedene Rechtsverstöße gegen das Energiewirtschaftsgesetz dokumentiert: So werde gegen die Prinzipien der Preisgünstigkeit, der Verbraucher- und Umweltfreundlichkeit des EnWG verstoßen, weil der Netzentwicklungsplan statt einer kostengünstigeren produktionsnahen Nutzung der Stromüberschüsse durch Elektrolyse oder Speichertechnologien ein teurer Netzausbau vorgesehen werde. Auch würden keine geeigneten Maßnahmen gegen das nach dem Atomausstieg und der Stilllegung der Kohlekraftwerke zu erwartende Stromdefizit ergriffen; wenn der Netzentwicklungsplan auf ungesicherte Importe setzt, verstoße dies gegen das Gebot der sicheren Stromversorgung. In diesem Zusammenhang, komme noch hinzu, dass die geplanten großräumigen transeuropäischen Netze die Gefahr dynamischer Netzzusammenbrüche erhöhen würde.

Die Unterlagen der Bundesnetzagentur hätten – nach Auffassung von Rechtsanwalt Baumann – dann auch noch eine „kleine Bombe“ zum Platzen gebracht: „Offensichtlich ist die Aufnahme des Vorhabens Klein Rogahn – Isar in das Bundesbedarfsplangesetz ohne Prüfung durch die Bundesnetzagentur als Vorhaben Nummer 5 a erfolgt. Dies führt zur Verfassungswidrigkeit des Bundesbedarfsplangesetzes 2021, da die gesetzlichen Vorschriften der §§ 12 a-c EnWG nicht beachtet worden sind, welche das genaue Prüfverfahren regeln. Dies ermöglicht aber eine Anpassung der Netzentwicklungsplanung an die neuen Vorschriften des Klimarechts.“

 

Würzburg, den 20.10.2021

 

gez.: RA Wolfgang Baumann

Fachanwalt für Verwaltungsrecht


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