Als erste Frau in Deutschland, die das Amt einer Regierungspräsidentin bekleidete, setzte sich Theanolte Bähnisch zeitlebens für eine Verwaltung ein, die Menschlichkeit und eine starke Frauenpolitik vereinte. Ihre Hartnäckigkeit beschrieb sie selbst so:

„Ich bin mit Leidenschaft Anwältin. Wie ein Spürhund gehe ich einer Sache nach und schleuse sie langsam an vielen Klippen vorbei zum Ziel. Ich bin nicht Juristin, sondern juristische Artistin.“

Eine Juristin mit Haltung
Bähnisch wurde 1899 als Dorothea Nolte geboren. Nach ihrer Heirat mit Albrecht Bähnisch durfte sie ihren eigenen Namen nicht behalten – eine damals übliche Praxis. Doch anstatt sich damit abzufinden, zog sie ihren Mädchennamen „Nolte“ als festen Bestandteil zu ihrem Vornamen und wurde so zu Dorothea „Theanolte“ Bähnisch.

Nach ihrem Jurastudium und Assessorexamen trat sie 1926 als erste Frau in den höheren Verwaltungsdienst ein. Ihre Karriere hätte geradlinig verlaufen können – doch die politischen Umstände führten sie auf einen anderen Weg. Als ihr Mann 1933 von den Nationalsozialisten als Landrat entlassen wurde, zog das Ehepaar nach Berlin und eröffnete eine Kanzlei. In einer Zeit, in der das Recht zunehmend zum Instrument der Unterdrückung missbraucht wurde, setzten sich die beiden als Anwälte für politisch und rassisch Verfolgte ein. Bähnisch vertrat unter anderem das Fotogeschäft von Lotte Jacobi, die als Jüdin 1935 in die USA emigrierte. Schnell erwarb sie sich den Ruf als unerschrockene Anwältin. Schon zuvor hatte sie in ihrem selbstgegründeten „Freiheitsverlag“ Schriften veröffentlicht, die sich kritisch mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzten. Ab 1939 engagierte sie sich in der Widerstandsgruppe um Ernst von Harnack. Bähnisch erkannte zudem früh die Bedeutung von Frauen in der Politik und gründete den parteiunabhängigen und überkonfessionellen Deutschen Frauenring.

Verwaltungsrecht als Mittel zum Wiederaufbau
Nach dem Krieg wurde Bähnisch von Hinrich Wilhelm Kopf, dem späteren Ministerpräsidenten Niedersachsens, nach Hannover gerufen, um als Vizepräsidentin des Regierungsbezirks Hannover beim Wiederaufbau zu helfen. 1946 wählte man sie schließlich als erste Frau in diesem Amt zur Regierungspräsidentin, und 1959 ernannte man sie zur bevollmächtigten Staatssekretärin Niedersachsens. In dieser Funktion vertrat sie das Land Niedersachsen beim Bundesrat in Bonn und pendelte fortan zwischen Hannover und der damaligen Bundeshauptstadt. In ihrer 13-jährigen Amtszeit bewältigte sie die enormen Herausforderungen der Nachkriegszeit: Sie kümmerte sich um die Versorgung der Bevölkerung, die Wohnungsnot, die Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen sowie um den Wiederaufbau von Infrastruktur. Besonders am Herzen lag ihr die Wiederherstellung von Bildungseinrichtungen und der Universität Hannover. Ihr Leitsatz blieb: „Die Verwaltung so gut wie möglich, aber auch so menschlich wie möglich zu führen.“

Ein Vorbild für das moderne Verwaltungsrecht
Bähnischs Lebenswerk zeigt, dass Verwaltung mehr ist als Bürokratie – sie ist Verantwortung für Menschen. Ihre Prinzipien sind bis heute aktuell: eine Verwaltung, die effizient, gerecht und bürgernah ist – und dabei auch die Frauenpolitik in den Blick nimmt. Theanolte Bähnisch brachte es in einem Artikel, in dem sie als Regierungspräsidentin porträtiert wurde, im Oktober 1949 im ‚Mannheimer Morgen‘ treffend auf den Punkt: „Ich habe es als staatspolitische Aufgabe angesehen, mich für die Belange der Frauen einzusetzen.“

 

Am 8. März erinnern wir an Frauen wie sie, die mit Mut, Weitsicht und Entschlossenheit den Weg für kommende Generationen geebnet haben

 

Würzburg, den 8. März 2025
gez. RAin Ariadni von Fournier

 

Weiterführende Links
– Auswärtiges Amt: Gescheiterter Versuch der Einstellung einer Generalreferentin für Frauenfragen im Auswärtigen Amt (Dokument aus dem Jahr 1961)
– Filmportrait: Norddeutsche Geschichte(n): Eine bemerkenswerte Frau – Staatssekretärin Theanolte Bähnisch

Quellen:
Klaus Mlynek: Bähnisch, Theanolte. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. RöhrbeinHugo ThielenHannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 35 u. ö.; books.google.de
Andreas Röpcke: Who’s Who in Lower Saxony. Ein politisch-biographischer Leitfaden der britischen Besatzungsmacht 1948/49. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, 1983, Band 55, S. 243–309, hier S. 258;  historische-kommission.niedersachsen.de (PDF)
– Nadine Freund, Die Verwaltungsjuristin Theanolte Bähnisch (1899-1973) und der Deutsche Frauenring. Vom reformorientierten Preußen zur bundesdeutschen Westbindung – eine Wirkungsgeschichte, Transcript – Verlag für Kommunikation, Kultur und soziale Praxis, Bielefeld 2018 (Auszug)