Im Zusammenhang mit der Aufstellung oder Änderung von Bebauungsplänen kommen in der Praxis immer wieder Fragen zur Entschädigung der bisherigen, also vor der Planaufstellung oder -änderung zulässigen oder verwirklichten Nutzung auf. Gerade eine Nutzungseinschränkung aufgrund der neuen Planung führt häufig zum Unmut der Grundstückseigentümer und zu Fragen, ob und wie etwaige Nachteile ausgeglichen werden können.

Hierfür hat das Baugesetzbuch die Regelungen der §§ 39 bis 44 BauGB vorgesehen.

§ 39 BauGB beschäftigt sich mit Schadensersatzfragen, die aus Aufwendungen der Eigentümer im Vertrauen auf den Bestand eines schon vorhandenen Bebauungsplans resultieren, während die §§ 40 und 41 BauGB Entschädigungsmöglichkeiten bei der Allgemeinheit dienenden Festsetzungen des Bebauungsplans bzw. fremde Leitungsrechte oder entsprechende Bindungen für Bepflanzungen auf (derzeitigen) Privatgrundstücken regeln. § 42 BauGB beinhaltet Regelungen für Änderungen oder Aufhebung der bisher zulässigen Nutzung. Fragen zur Entschädigung selbst sowie das Verfahren sind in den §§ 43 und 44 BauGB geregelt.

Im Einzelnen:

§ 39 BauGB: Voraussetzung für § 39 BauGB ist, dass der Eigentümer (oder sonst Nutzungsberechtigter) im berechtigten Vertrauen auf den Bestand eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans Vorbereitungen für die Verwirklichung von Nutzungsmöglichkeiten getroffen hat, die sich aus dem Bebauungsplan ergeben und diese Aufwendungen durch Änderung, Ergänzung oder Aufhebung des Bebauungsplans an Wert verlieren. Konkret heißt dies, dass der Eigentümer (oder sonst Nutzungsberechtigter) im berechtigten Vertrauen auf den Bestand des früheren Bebauungsplans Vorbereitungen für die Verwirklichung einer Nutzung getroffen haben müsste, die den damaligen Festsetzungen dieses Vorgänger-Bebauungsplans entsprochen hätte und gemäß diesem zulässig gewesen wäre, es nun aber aufgrund der geänderten bauplanungs-rechtlichen Festsetzungen nicht mehr ist. Zu solchen Vorbereitungshandlungen gehören z. B. Grundstücksteilungen und -vermessungen, Bauwerksplanungen, insbesondere zur Erstellung der Antragsunterlagen (insbesondere Architekten – und Ingenieurgebühren), Aufwendungen für die Baufinanzierung und deren Vorbereitung (s. hierzu auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 39 Rn. 9).

Es kommt im Falle von § 39 BauGB also darauf an, ob der Eigentümer (oder sonst Nutzungsberechtigter) solche Aufwendungen bis zur öffentlichen Bekanntmachung der Bebauungsplanänderung getätigt hatte.

§ 40 BauGB: Nach § 40 BauGB kommt eine Entschädigung durch Übernahme des Grundstücks oder in Geld in den dort aufgeführten Fällen in Betracht – dies betrifft zusammengefasst Flächen, die aufgrund von im Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen für den Eigentümer nicht bzw. nur unter bestimmten, ihn einschränkenden Voraussetzungen nutzbar sind, wie beispielsweise Flächen für den Gemeinbedarf, Verkehrsflächen, Grünflächen, von Bebauung freizuhaltende Schutzflächen, Wasserflächen usw. – Voraussetzung ist, dass dem Eigentümer durch diese Festsetzungen im Bebauungsplan Vermögensnachteile entstehen – eine bloße Wertminderung des Grundstücks reicht nicht aus. Wie bereits ausgeführt, besteht hier auch die Möglichkeit, dass der Eigentümer die Übernahme der Fläche verlangt – Voraussetzung hierfür ist aber, dass es ihm mit Rücksicht auf die Festsetzung oder Durchführung des Bebauungsplans wirtschaftlich nicht mehr zuzumuten ist, das Grundstück zu behalten oder es in der bisherigen oder einer anderen zulässigen Art zu nutzen, oder wenn Vorhaben nach § 32 BauGB, also wegen Nutzungsbeschränkungen auf künftigen Gemeinbedarfs-, Verkehrs-, Versorgungs- und Grünflächen nicht ausgeführt werden dürfen und dadurch die bisherige Nutzung einer baulichen Anlage aufgehoben oder wesentlich herabgesetzt wird. Sofern die bisherige Nutzung des Grundstücks durch ein Ausführungsverbot von Vorhaben nach § 32 BauGB nur wirtschaftlich erschwert wird, kommt eine angemessene Entschädigung in Geld in Betracht.

§ 42 BauGB: Nach § 42 Abs. 1 BauGB kann dann, wenn die zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder geändert wird und dadurch eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks eintritt, der Eigentümer nach Maßgabe der weiteren Absätze des § 42 BauGB eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen:

Voraussetzung ist zunächst, dass eine zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder geändert wird. Dies setzt zunächst einmal keine Verwirklichung dieser zulässigen Nutzung voraus (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Runkel/Wahlhäuser, 156. EL September 2024, BauGB § 42 Rn. 26, beck-online).

Zudem muss durch die Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung des Grundstücks eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks eintreten. Dies ist im jeweiligen Einzelfall konkret zu prüfen.

Sofern man die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 BauGB bejahen könnte, wäre zu eruieren, wann der vormalige Bebauungsplan in Kraft getreten ist bzw. wie vorher der Planungsstand gewesen ist.

§ 42 Abs. 2 BauGB wäre dann einschlägig, wenn die zulässige Nutzung des Grundstücks innerhalb von sieben Jahren ab Zulässigkeit aufgehoben oder geändert worden wäre – sprich der vorherige Bebauungsplan innerhalb von sieben Jahren durch den neuen Bebauungsplan geändert worden wäre. Wäre dies der Fall, würde sich die Entschädigung nach dem Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks aufgrund der zulässigen Nutzung und seinem Wert, der sich infolge der Aufhebung oder Änderung ergibt, bemessen.

Nach § 42 Abs. 10 BauGB hat die Gemeinde dem Eigentümer auf Verlangen Auskunft zu erteilen, ob ein sich aus Absatz 2 ergebender vermögensrechtlicher Schutz der zulässigen Nutzung für sein Grundstück besteht und wann dieser durch Ablauf der 7-Jahresfrist endet.

Würde aber die zulässige Nutzung erst nach Ablauf der 7-Jahresfrist aufgehoben oder geändert, kann der Eigentümer nach § 42 Abs. 3 BauGB nur eine Entschädigung für Eingriffe in die ausgeübte Nutzung verlangen.

Nach § 42 Abs. 5 BauGB kann es nach Ablauf der 7-Jahresfrist dann doch auf die zulässige Nutzung ankommen, wenn der Eigentümer an der Verwirklichung eines der zulässigen Nutzung entsprechenden Vorhabens vor Ablauf dieser 7-Jahresfrist durch eine Veränderungssperre oder eine befristete Zurückstellung seines Vorhabens gehindert worden wäre und er das Vorhaben nun infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung nicht mehr verwirklichen könnte. Wäre dies der Fall, hätte der Eigentümer gemäß § 42 Abs. 8 BauGB die Tatsachen darzulegen, die seine Bereitschaft und Möglichkeit, das Vorhaben zu verwirklichen, aufzeigen.

Damit gilt folgendes Zeitschema:

Innerhalb der 7-Jahresfrist: ausschlaggebend zulässige Nutzung

Nach Ablauf der 7-Jahresfrist: ausschlaggebend ausgeübte Nutzung

Nach Ablauf der 7-Jahresfrist dann Abstellen auf zulässige Nutzung, wenn vor Ablauf der 7-Jahresfrist der Eigentümer an der Verwirklichung seines Vorhabens aufgrund einer Zurückstellung dessen oder einer Veränderungssperre gehindert worden ist.

Bei derartigen Fällen ist somit zu eruieren, wann der vorherige Bebauungsplan mit der seinerzeitigen Gebietsfestsetzung in Kraft getreten ist, was genau dort festgesetzt gewesen ist und – sollte dessen Inkrafttreten länger als sieben Jahre vor Erlass des neuen Bebauungsplans her gewesen sein – ob eine Veränderungssperre betreffend das jeweilige Grundstück vorgelegen hat bzw. ein entsprechender Bauantrag gestellt wurde, der nach § 15 BauGB zurückgestellt wurde.

§ 42 Abs. 6 BauGB würde dann eingreifen, wenn vor Ablauf der 7-Jahresfrist eine Baugenehmigung oder ein Bauvorbescheid erteilt worden wäre.

§ 42 Abs 7 S. 1 BauGB wiederum setzt einen vor Ablauf der 7-Jahresfrist rechtswidrig abgelehnten Bauantrag oder Vorbescheidsantrag voraus.

§ 43 BauGB: Die Entschädigung und das Verfahren sind in § 43 BauGB geregelt. Sofern aufgrund der vorstehend dargestellten Vorschriften ein Entschädigungsanspruch vorliegt, kann die entsprechende Entschädigung gemäß § 43 BauGB geltend gemacht werden.

§ 44 BauGB: In § 44 BauGB sind der Entschädigungspflichtige sowie die Fälligkeit und das Erlöschen der Entschädigungsansprüche geregelt. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch auf § 44 Abs. 4 BauGB, wonach ein Entschädigungsanspruch erlischt, wenn nicht innerhalb von drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Vermögensnachteile eingetreten sind (die Vermögensnachteile sind grundsätzlich mit Inkrafttreten des neuen Bebauungsplans eingetreten, somit also Erlöschen des Entschädigungsanspruchs mit Ablauf von drei Jahren zum Ende des Jahres, in dem der neue Bebauungsplan in Kraft getreten ist – was aber im konkreten Einzelfall jeweils gesondert zu prüfen ist), die Fälligkeit des Anspruchs herbeigeführt wird – diese wird gemäß § 44 Abs. 3 BauGB dadurch herbeigeführt, dass der Entschädigungsberechtigte die Leistung der Entschädigung schriftlich beim Entschädigungspflichtigen beantragt.

Wie sich aus vorstehenden Ausführungen entnehmen lässt, stellen sich etwaige Entschädigungsansprüche sowie deren Geltendmachung vielmals kompliziert dar.

Bei Fragen zu Entschädigungen aufgrund Aufstellung oder Änderungen von Bebauungsplänen sowie auch bei sonstigen Fragen zum öffentlichen Baurecht sind wir Ihnen gerne behilflich und beraten Sie gerne – kommen Sie einfach auf uns zu!

Würzburg, den 15.02.2025

gez. RAin S. Lesch/Fachanwältin für Verwaltungsrecht