Nach der Neuregelung des § 5 Abs. 5 Satz 2 LBO BW in der am 11.2.2023 in Kraft getretenen Fassung durch Art. 3 des Gesetzes zum Erlass eines Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes und zur Verankerung des Klimabelangs in weiteren Rechtsvorschriften vom 7.2.2023 (GBl. S. 26, 41) gilt nunmehr, dass eine Aufstockung um bis zu zwei Geschosse auf die Wandhöhe nicht angerechnet wird, wenn die Baugenehmigung oder die Kenntnisgabe für die Errichtung des Gebäudes mindestens fünf Jahre zurückliegt.
Somit ist aufgrund des § 5 Abs. 5 Satz 2 LBO ein weitergehendes Baurecht in Bezug auf die erleichterte Aufstockung bereits genehmigter Gebäude möglich.
Mit der Neuregelung des Gesetzentwurfs verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, im Interesse des Klimaschutzes Flächeneinsparungen zu ermöglichen und damit zugleich die Schaffung zusätzlichen Wohnraums zu erleichtern (vgl. LT-Drs. 17/3741 S. 94).
Um Missbrauch vorzubeugen greift die Erleichterung nur, soweit die Baugenehmigung oder die Kenntnisgabe für das Gebäude mindestens fünf Jahre zurückliegt. Ein Fall in dem beispielsweise ein Neubau stufenweise errichtet wird, also zunächst ein kleineres Gebäude unter Einhaltung der Mindestabstände errichtet wird, das in einem von vornherein geplanten zweiten Schritt aufgestockt wird, ist somit ausgeschlossen, (vgl. LT-Drs. 17/3741 S. 94).
Was potenzielle Bauherren erfreut, mag bei betroffenen Nachbarn auf weniger Gegenliebe stoßen. Aus der Neuregelung folgt nämlich eine Einschränkung des Baunachbarschutzes gegen solche Vorhaben. Der Gesetzgeber bewertet die Neuregelung des § 5 Abs. 5 Satz 2 LBO als eine nur eng begrenzte Einschränkung des Baunachbarschutzes. Denn die in den Anwendungsbereich der Regelung einbezogenen Bestandsgebäude dürften in aller Regel Abstandsflächen in der zum Genehmigungszeitpunkt vorgesehenen Tiefe einhalten. Daher ist auch nach der Aufstockung um höchstens zwei Geschosse ein seitlicher Grenzabstand von mindestens 2 m bzw. 2,5 m gewahrt, vgl. § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO.
Der Nachbarschutz ist durch die Neuregelung zwar eingeschränkt, aber selbstverständlich nicht ausgehebelt. Die geplante Aufstockung darf weiterhin den Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht widersprechen (§ 30 BauGB) bzw. muss es sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen (§ 34 BauGB). Zudem gewährleistet das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nach wie vor, dass die Aufstockung im Einzelfall nicht mit einer den Baunachbarn unzumutbaren Einschränkung von Belichtung, Besonnung und Belüftung einhergeht. Hierdurch soll die Eingriffsintensität auf ein unbedenkliches Maß begrenzt werden.
Im Zuge der Gesetzesnovellierung wurden als weitere Erleichterungen beschlossen, dass in aufgestockten Gebäuden, die nunmehr eine Höhe von 13 m überschreiten, nachträglich kein Aufzug installiert werden muss, § 29 Abs. 2 LBO BW. Auch die Anzahl der notwendigen Stellplätze muss nicht an die geänderte Anzahl an Wohnungen angepasst werden, § 37 Abs. 3 LBO BW. Beide Erleichterungen gelten wiederum nur, wenn die Baugenehmigung oder Kenntnisgabe für das Gebäude mindestens fünf Jahre zurückliegen.
Wir beraten Sie gerne zu diesbezüglichen Fragen des öffentlichen Bau-rechts, wie auch zu Fragen des allgemeinen Verwaltungsrechts. Kommen Sie gerne bei derartigen Fallkonstellationen auf uns zu.
Würzburg, 06.09.2023
gez. Philipp Amon/Rechtsanwalt