1. Einführung

Das – in Anbetracht der sich mehr und mehr zeigenden Folgen des Klimawandels – bestehende Erfordernis, Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung auf den Weg zu bringen, betrifft die Kommunen als Gestalter vor Ort in besonderer Weise. Die unter anderem von der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB herbeigeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 hat dabei nochmals vor Augen geführt, dass auch für Kommunen als Teil der Exekutive eine Verpflichtung zum effektiven Klimaschutz nach Art. 1 Abs. 3 GG besteht und dass das Gewicht des Klimaschutzes im Rahmen der Abwägung mit fortschreitendem Klimawandel weiter zunimmt. Unabhängig davon, dass bislang nicht klar definiert ist, was unter fortschreitendem Klimawandel zu verstehen ist, hat der jüngste Bericht der Weltwetterorganisation WMO, wonach bereits im Jahr 2026 die globale Durchschnittstemperatur erstmals 1,5° C über dem vorindustriellen Niveau liegen könnte, den akuten Handlungsbedarf nochmals verdeutlicht.

Dabei ist die Berücksichtigung der Belange des Klimaschutzes und der Klimaanpassung im Baugesetzbuch und insbesondere in der Bauleitplanung keinesfalls neu. So wurde eine Stärkung der kommunalen Möglichkeiten zum Klimaschutz vor allem durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau 2004 (EAG Bau), die Klimaschutznovelle 2011 sowie die Innenentwicklungs-Novelle 2013 erreicht.  Beispielsweise sollen nach § 1 Abs. 5 Satz 2 BauGB die Bauleitpläne dazu beitragen, den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern. Dass es nicht nur um das lokale oder regionale Kleinklima geht, sondern auch um den global verursachten Klimawandel, wird zudem durch § 1 a Abs. 5 BauGB klargestellt: den Erfordernissen des Klimaschutzes soll sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, Rechnung getragen werden. Die Gemeinden müssen zudem Auswirkungen auf das Klima nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a BauGB berücksichtigen.

Neben diesen allgemeinen Leitlinien der Bauleitplanung wurde auch der Festsetzungskatalog des § 9 Abs. 1 BauGB durch die Klimaschutz-Novelle erweitert. Für eine rechtssichere Inanspruchnahme dieser Festsetzungsmöglichkeiten ist zum einen der konkrete Regelungsgehalt des abschließenden Katalogs des § 9 Abs. 1 BauGB zu berücksichtigen. Zum anderen ergeben sich im Einzelfall Schnittstellen mit dem Energiefachgerecht, welche im Rahmen der Bauleitplanung ebenfalls zu beachten sind.

2. Festsetzungen zur Nutzung erneuerbarer Energien

Als Instrument für kommunale Klimaschutzpolitik soll nachfolgend auf die Festsetzungsmöglichkeit nach § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. b BauGB eingegangen werden. Ermöglicht wird hiernach die Festsetzung von Gebieten, in denen bei der Errichtung von Gebäuden und bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien und aus Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass diese Vorschrift keine Einschränkung auf bestimmte erneuerbare Energien enthält. Vielmehr können in Bezug auf „Strom“ alle erneuerbaren Energien im Sinne des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und in Bezug auf Wärme/Kälte alle Arten erneuerbarer Energieträger wie Solarthermie, Geothermie, Umweltwärme oder Biomasse vorgeschrieben werden.

Ausgehend vom Wortlaut können diese Festsetzungen für Gebäude und bauliche Anlagen getroffen werden. Dabei sind unter der Begrifflichkeit Gebäude selbstständig nutzbare, überdeckte bauliche Anlagen zu verstehen, die vom Menschen betreten werden können und geeignet sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. Sonstige bauliche Anlagen erfassen alle baulichen Anlagen, die keine Gebäude sind, sich aber für bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien, Nutzung oder Speicherung von Strom oder Kraft-Wärme-Kopplung eignen (beispielsweise Aufschüttungen, Sport- und Spielflächen oder Stellplätze für Kraftfahrzeuge).

Allerdings unterliegt der Anwendungsbereich der Festsetzungsmöglichkeit verschiedenen Einschränkungen:

Einschränkend ist zunächst zu berücksichtigen, dass solche Festsetzungen immer nur für die Errichtung von Gebäuden oder baulichen Anlagen getroffen werden können. Bestehende Gebäude sind von der Festsetzungsmöglichkeit daher nicht erfasst. Der Errichtung gleichgesetzt sind aber Um- und Ausbauten von bestehenden Gebäuden, welche die Identität des Gebäudes wesentlich verändern. Die Abgrenzung dürfte allerdings im Einzelfall schwierig vorzunehmen sein.

Weiterhin kann nur eine Verpflichtung zur Errichtung bestimmter baulicher und sonstiger technischer Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien (und aus Kraft-Wärme-Kopplung) getroffen werden. Eine Betriebspflicht bzw. ein Anschluss- und Benutzungszwang (auch über eine kommunale Satzung) sind nicht möglich. Dies dürfte allerdings eher ein theoretisches Problem sein, da in der Regel davon auszugehen ist, dass derjenige, der zur Errichtung entsprechender Vorrichtungen verpflichtet ist, diese auch im Sinne der Wirtschaftlichkeit und der Amortisation der Anlage nutzen wird.

Außerdem ist zu beachten, dass Festsetzungen nach § 9 Abs.1 Nr. 23 b BauGB im Einzelfall im Spannungsfeld mit den Verpflichtungen des jeweiligen Bauherrn (insbesondere bei der Neuerrichtung von Gebäuden) aus dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) stehen können. Der Gesetzgeber hat die bisherigen Regelungen im Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und in der Energieeinsparungsverordnung (EnEV) sowie im Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) im GEG zusammengeführt. Das GEG gilt gemäß § 111 Abs. 1 GEG für alle Vorhaben, für die der Bauantrag, die Bauanzeige oder der Baubeginn am 1. November 2020 oder später erfolgte. Als generelle Regel gilt gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 3 GEG, dass der Wärme- und Kälteenergiebedarf zumindest anteilig durch die Nutzung erneuerbarer Energien abgedeckt werden muss. Dabei ist das GEG technologieoffen und sieht in den §§ 35 ff. GEG verschiedene Mindestanteile zur Nutzung erneuerbarer Energien am gesamten Wärme- und Kälteenergiebedarf eines Gebäudes vor, welche allerdings nicht für alle erneuerbaren Energiequellen einheitlich festgelegt worden sind.

Beispielsweise kann der gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 3 GEG geforderte Mindestanteil durch Nutzung erneuerbarer Energien in Form von solarthermischen Anlagen (Solarthermie) dann abgedeckt werden, wenn 15 % des jährlichen Wärme- und Kälteenergiebedarfs durch die solarthermische Anlage bereitgestellt werden können. Aus § 35 Abs. 2 GEG ergibt sich dabei, wie groß die Fläche der solarthermischen Anlagen in Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden Nutzfläche des Gebäudes sein muss.

Allerdings könnte eine Festsetzung bezüglich baulicher oder sonstiger technischer Maßnahmen zur Nutzung von Solarthermie im Bebauungsplan aus Klimaschutzgründen im Einzelfall auch ungünstig sein. Beispielsweise ist für die Nutzung von Geothermie gem. § 37 GEG ein Mindestversorgungsanteil von 50 % des Wärme- und Kälteenergiebedarfs festgelegt. Besteht für den jeweiligen Bauplatz aufgrund der vorhandenen geologischen Verhältnisse die Möglichkeit zur Nutzung von Geothermie und beabsichtigt ein Bauherr, zur Erfüllung der Mindestvoraussetzungen des § 10 Abs. 2 Nr. 3 GEG die Nutzung von Geothermie, könnte eine Festsetzung im Bebauungsplan zur Installation bzw. Errichtung einer solarthermischen Anlage auch nachteilig sein. Insoweit bietet es sich an, im Bebauungsplan ausdrücklich einen Ausnahmevorbehalt nach § 31 Abs. 1 BauGB aufzunehmen, wonach von der Festsetzung bezüglich baulicher oder sonstiger technischer Maßnahmen zur Nutzung von Solarthermie abgewichen werden kann, wenn die Nutzung anderer erneuerbarer Energien zu einem höheren Anteil des Wärme- und Kälteenergiebedarfs führen würde.

3. Fazit

Im Bereich der verbindlichen Bauleitplanung bestehen eine Vielzahl von Möglichkeiten, um auf eine nachhaltige und klimagerechte Siedlungsentwicklung hinzuwirken. Dabei kommt es entscheidend darauf an, die örtlichen Verhältnisse genau zu analysieren und die städtebaulichen Möglichkeiten unter Berücksichtigung des Energiefachrechts herauszuarbeiten.

Wir beraten zu allen Fragen der kommunalen Bauleitplanung und des Energiefachrechts. Sprechen Sie uns an – wir freuen uns auf Ihre Anfrage!

Würzburg, 16.05.2022
gez. RA Thomas Jäger
Fachanwalt für Verwaltungsrecht