Der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat nach gut einem Jahr im Eilverfahren betreffend die Klage gegen die Bundesfachplanungsentscheidung zu SuedOstLink (Az. 4 VR 2.20) entschieden und die gestellten Eilanträge des Landkreises Wunsiedel u.a. abgelehnt. Dies geht aus dem Tenor des Beschlusstexts des Gerichts hervor.
Das Gericht hat die Entscheidungsgründe bislang noch nicht übermittelt und lediglich mitgeteilt, dass diese „demnächst“ übersendet würden. Dieses Vorgehen ist äußerst unglücklich, da hinsichtlich des Ausgangs des noch anhängigen Hauptsacheverfahrens sowie über die Sinnhaftigkeit eines Rechtsmittels gegen diese „Eilentscheidung“ keine weitere Einschätzung abgegeben werden kann.
- Die Entscheidung könnte folgenden Inhalt haben:
– Es besteht die Möglichkeit, dass der Senat eine Entscheidung über sämtliche aufgeworfenen Rechtsfragen im Eilverfahren als zu komplex angesehen hat und allein aufgrund einer Rechtsfolgenabwägung die Anträge abgelehnt hat, um den Netzausbau bis zur Hauptsacheentscheidung nicht zu verzögern. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache wären dann noch völlig offen.
– Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass der Senat nach überschlägiger Prüfung zum Ergebnis kommt, dass die Klage voraussichtlich nicht erfolgreich sein wird.
- Über die relevanten Rechtsfragen ist vom Bundesverwaltungsgericht dann jedoch auf jeden Fall noch im Hauptsacheverfahren zu entscheiden. Es wurde nämlich vom Landkreis Wunsiedel eine Vorlage an den EUGH zu der Frage beantragt, ob der gesetzliche Ausschluss des Rechtsschutzes im Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) gegen die Aarhus-Konvention verstößt und europarechtswidrig ist. Auch über die vorgetragene Europarechtswidrigkeit der Bedarfsfeststellung für
SuedostLink im Bundesbedarfsplangesetz hat das Gericht dann noch zu entscheiden und diese Frage dem EUGH ggf. im Vorabentscheidungsverfahren vorzulegen. Das BVerwG als letztinstanzliches Gericht ist grundsätzlich zur Vorlage an den EuGH verpflichtet. - Ganz gleich wie das Gericht im Eilbeschluss und im Hauptsacheverfahren entscheiden wird, sind alle Argumente, die wir vorgetragen haben, auch noch im Planfeststellungsverfahren relevant und müssen in einem eventuellem Planfeststellungsbeschluss Berücksichtigung finden (Quecksilberproblematik bei der Unterquerung der Kösseine, Prüfungsmaßstab der Strategischen Umweltsprüfung (SUP), Methodik des Alternativenvergleichs etc.). Auch bei einer etwaigen Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss wäre damit die gesamte bisherige Argumentation zu wiederholen.
Gegen die Eilentscheidung haben wir gestern fristwahrend vorsorglich als besonderen Rechtsbehelf eine Anhörungsrüge beim Bundesverwaltungsgericht vorgebracht. Bei einer Zurückweisung dieser Rüge ist der Weg zum Bundesverfassungsgericht offen. Erst nach Eingang der Begründung des Eilbeschlusses wäre zu entscheiden, ob Verfassungsbeschwerde gegen die Eilentscheidung erhoben werden soll.
Wir werden über diese Eilentscheidung weiter unterrichten, sobald uns neue Informationen, insbesondere die Entscheidungsgründe, vorliegen. Das Gericht konnte gestern auf Anfrage nur mitteilen, es sei „noch nicht abzusehen“, wann der vollständige Beschluss mit den Entscheidungsgründen nachgereicht wird.
Würzburg, den 01.04.2021
gez. RA Wolfgang Baumann
Fachanwalt für Verwaltungsrecht